Dr. Ernst Leuninger 29.09.99

Kühe für den Kosovo -
Wiederaufbau in einem zerstörten Land

Bericht von Ernst Leuninger über eine Reise in den Kosovo vom 21.-24. September 1999

Den Bauern im Kosova muß bei dem Wiederaufbau ihrer Existenz geholfen werden. Finanziell sind die meisten dazu nicht in der Lage. Deshalb übergab Dr. Ernst Leuninger bei einem gemeinsamen Besuch mit seinem Bruder Pfarrer Herbert Leuninger in Pec/Pejë einem Bauern, der vor dem Krieg drei Kühe besaß, das Geld für zwei Kühe mit der Auflage, daß zwei Mutterkälber innerhalb von drei Jahren weiter gegeben werden. Beim Schlachten darf nicht geschächtet werden, was auch weithin bei den Muslimen im Lande nach Aussage eines Agrarfachmanns nicht mehr üblich ist und bald gesetzlich abgeschafft werden sollte.

Der Bauer hatte mit seinen zwei Brüdern ein Haus gebaut, das nun im Innenraum mutwillig ausgeraubt, zerstört und mit brennendem Öl ausgebrannt worden ist. Ein Schicksal von vielen. Die Familie war noch froh, daß sie mit dem Leben davon gekommen war, jetzt wohnte sie mit ihren drei kleinen Kindern im notdürftig dafür hergerichteten Stall. Ihnen soll zum Wiederaufbau des Hauses eine Anschubfinanzierung gegeben werden. Hoffentlich sind die notwendigen Baumaterialien noch vor dem Ausbruch des Winters in 14 Tagen bis drei Wochen zu erhalten. Es gibt verständlicherweise Engpässe in den Materialien und den Transportkapazitäten.

Das Bistum Limburg wird sich in Absprache mit dem Bistum im Kosova, der dortigen Caritas und dem zuständigen Pfarrer im Hausaufbau in Pec/Pejë engagieren. Das Konzept lautet wie in Bosnien: "Dach über dem Kopf und zwei Räume". Die Aufbauarbeit wird umfangreich in Selbsthilfe geschehen. So können mit Kollektenmitteln für etwa 50 Häuser die Renovierung mit finanziert werden. Hinzu kommen noch einmal 15-20 Häuser, die über das Spendenkonto des Diözesancaritasverbandes finanziert worden sind. Das Bistum wird sich außerdem noch in der Anschaffung für Kleidung und Heizmaterial für den Winter engagieren.

Ernst Leuninger war inzwischen seit Januar das 5. Mal in der Region und viermal im Kosova. Die Kontakte laufen über den Bischof Marko Sopi von Przren. Die Situation wirkte trotz aller Probleme in Przren z.B. viel entspannter als im August geschweige denn als im Juni. Abends flanierten viele Menschen auf der Straße. Nur die serbische Kirche war von deutschen KFOR-Einheiten scharf bewacht. In Przren ist nur ein Stadtteil zerstört. Das lag wohl an den serbischen Stadtverantwortlichen, die immer wieder darauf hingewiesen haben, dass Przren für die Geschichte der Serben und des Landes eine so wichtig Stadt sei, die nicht zerstört werden dürfe.

Ganz anders in Pec/Pejë, diese Stadt wurde systematisch zerstört, bei der Moschee beginnend bis in die Außenbezirke, nahezu Haus für Haus und Straßenzug für Straßenzug. Eine europäische Kuturschande, so kann man nur sagen. Überall aber sind die Menschen wieder bemüht, aufzuräumen und sich einzurichten. Schlimmer sieht es auf dem Land aus, wo der Krieg herrschte, hier kommen zu den Zerstörungen noch die vielen Morde hinzu.

Angesichts des Ausmaßes des Zerstörens und Mordens ist es fast erstaunlich, daß der Prozess der Beruhigung Fortschritte macht. Segensreich wirken sich dabei die KFOR-Truppen aber auch die internationale Polizei aus. Nach Einschätzung von Kennern der Situation, auch aus dem Kosova selbst, wird sich politisch wohl eher die gemäßigte Linie durchsetzen. Viele Menschen wollen zuerst Frieden. Die Frage bleibt: "Wie wird es endgültig weitergehen?" Ein Einfaches zurück nach Serbien, wenn auch mit gewissen Freiheiten, scheint endgültig von den Politikern Serbiens verspielt zu sein.

Die verbliebenen Dörfer der Serben werden von der KFOR bewacht. Die Menschen können nicht heraus. Aber in den serbischen Dörfern selbst, durch die wir fuhren, entwickelt sich wieder Leben auf der Straße, das war im August noch nicht so. Überall, nicht nur in diesen Dörfern, sieht man die internationalen Lebensmittelausgaben. Die internationalen Hilfsorgansationen leisten Unermeßliches. Dieses betonte ein islamischer Helfer aus dem Kosava. Er wies darauf hin, dass vor allem Caritas und katholische Kirche aus der ganzen Welt an vorderster Stelle stünden.