HERBERT LEUNINGER

Limburg, um die Weihnacht 2005

WEIHNACHTSBRIEF
Die Göttin Isis mit dem Horusknaben
ANIMATION

Am 3. Adventssonntag hatte ich mich von Limburg nach Frankfurt aufgemacht, um eine Ausstellung im Städel-Museum zu besichtigen. Sie stand unter dem Thema „Ägypten Griechenland Rom“. Erstmals beschäftigte sich eine große Ausstellung mit den vielfältigen Kontakten zwischen diesen antiken Kulturen.

400 Leihgaben aus 75 bedeutenden Museen der ganzen Welt, u.a. aus den Vatikanischen Museen, machten den wechselseitigen Austausch zwischen den Kulturen anschaulich. Mir ist dabei die überragende Bedeutung der ägyptischen Kultur mit ihrem Jenseitsglauben für den Mittelmeerraum deutlich geworden. Vor allem hat mich die Frage beschäftigt, welche Einflüsse diese Hochkultur auf das Christentum hatte, und wie sich das Christentum gegen dessen religiöse Macht durchsetzen konnte.


Maria stillt Jesus
Frankreich 1335
großes Bild

Nehmen wir nur das Beispiel der Göttin Isis, deren Verehrung als große und fast allmächtige Himmelskönigin im römischen Weltreich eine zentrale Rolle spielte. In der Ausstellung ist eine Statue von ihr zu sehen, die „Stillende Isis“ aus dem 4. Jahrhundert vor Christus. Die Figur zeigt die Göttin, wie sie ihren Sohn Horus, der auf ihrem Schoß sitzt, stillt. Im Ausstellungskatalog heißt es dazu, dass diese thronende Isis im Christentum weiterlebe in der Gestalt der Gottesmutter, die ihrem Kind die Brust gibt. Wir haben hier eines der eindrucksvollen Beispiele dafür, wie die Kirche in der Übernahme und Veränderung religiöser Vorstellungen und Formen den neuen Glauben zu vermitteln suchte.

Begegnung von Elisabeth (l.) und Maria
Foto: Theater Willy Praml - großes Bild

Nach diesen Eindrücken bin ich abends - seit langer Zeit wieder einmal - ins Theater gegangen, das als "Theater Willy Praml" in einer (kalten) Fabrikhalle eingerichtet ist. Gespielt wurde das Stück „jesus d'amour, geb. im jahre 0“. Die Aufführung war in der Frankfurter Rundschau glänzend besprochen worden, so dass es mich reizte, sie mir anzuschauen.

Der Text war ausschließlich der Bibel entnommen, die Umsetzung für das Theater überaus modern, um nicht zu sagen bisweilen schockierend. Ich war aber ebenso wie das aufgeklärte Frankfurter Publikum sehr beeindruckt, wie mein Brief an das Theater belegen mag. Dabei hatte ich um Fotos für meinen Weihnachtsbrief gebeten, die mir umgehend zugesandt wurden. Das eine Foto zeigt die Begegnung der hochschwangeren Maria mit Elisabeth, das andere die Freude von Maria und Josef über ihr Gottesbaby, das sie in hellem Entzücken sogar in die Luft werfen.

Die Heilige Familie
Foto: Theater Willy Praml - großes Bild

Obwohl manches geradezu lustig wirkte, etwa wenn die Flucht nach Ägypten nicht mit einem Esel sondern mit einem Fahrrad erfolgte, wurde nie die Grenze zum Lächerlichen oder Respektlosen überschritten. Für mich das eindrucksvollste Krippenspiel, das ich bisher gesehen habe.

Ich wünsche gute weihnachtliche Gedanken und Erfahrungen, die weit in das kommende Jahr hinein wirken mögen.
Ich selbst freue mich auf die Weihnachtsgottesdienste, die ich mit den Westerwaldgemeinden Langendernbach, Frickhofen und Mengerskirchen feiere.