Als Reisegefährten den Computer im Gepäck 

 
Ernst (links) und Herbert mit ihrem Onkel, dem Polizeimeister Michael Flick in Frankfurt-Höchst




















Die Eltern 1930 -
Hochzeitsphoto des Gewerkschaftssekretärs und seiner Frau vor dem Scheunentor  in Mengerskirchen
 
 
 
 
 

Botschafter der Gerechtigkeit: 
Herbert und Ernst Leuninger 

Stefan Töpfer
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 
vom 11. Mai 1997 

 
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und 50 Jahre ist es her: Da träumte der eine davon, Oberhaupt der katholischen Kirche zu werden. Da wurde der andere in seiner vorwiegend von Protestanten besuchten Schule ,,Papst" gerufen. Aber weder hat sich der Jugendtraum von Herbert Leuninger erfüllt, noch ist aus dem Spitznamen seines Bruders Ernst je ein richtiger Titel geworden. Besonders enttäuscht scheinen die beiden Priester darüber aber nicht zu sein, und ihrem Beruf haben sie auf ihre Weise ein unverwechselbares Profil verliehen. 

Herbert und Ernst Leuninger gehören einer Priestergeneration an, die durch das Zweite Vatikanische Konzil und die mit ihm verbundene Aufbruchstimmung in der katholischen Kirche geprägt wurde. Denken sie an die sechziger Jahre und damit nicht zuletzt an ihre Kaplansjahre in Frankfurt zurück, geraten sie ins Schwärmen: "Da ging die Post ab", sagt Ernst Leuninger. Es sei eine phantastische Zeit gewesen. Doch sind die Brüder bei aller damals herrschenden Euphorie skeptisch geblieben. ,,Wir hatten das Gefühl, daß sich trotz des Konzils nichts wirklich Entscheidendes ändern würde", sagt Herbert Leuninger. Sie wollten nach Südamerika gehen, wo sie vor allem das hofften tun zu können, was ihnen in ihrer Arbeit in Deutschland fehlte: sich sozial zu engagieren. Doch auch aus diesem Traum wurde nichts, zunächst war der Bischof dagegen, später machten andere das Rennen. Was aber blieb, war ihr Wunsch, sich in das gesellschaftliche Leben einzumischen, "für ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens zu arbeiten", wie Ernst Leuninger sagt. 
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orbild im Einsatz für eine gerechtere und friedlichere Welt waren den Brüdern vor allem ihr Vater Alois und ihr Onkel Franz. Noch heute sprechen Herbert und Ernst Leuninger mit großer Bewunderung von ihnen. Wie beispielsweise der Vater, ein christlicher ,Gewerkschaftler, 1933 Hausierer wurde, weil er sich nicht ,,gleichschalten" lassen wollte; wie er an einem Sonntag dem Gottesdienst fernblieb, weil am Kirchturm die NS-Flagge hing, ,,die Fahne des Satans", wie der Vater sie nannte; wie der Onkel in den Widerstand gegen Hitler ging und dafür zwei Monate vor Kriegsende in Berlin-Plötzensee hingerichtet wurde. Von Kindesbeinen an zuerst in ihrer Geburtsstadt Köln, dann in Mengerskirchen im Westerwald, wohin die Familie 1942 ging, hat sie beides geprägt, die Gegnerschaft gegen das NS-Regime und eine christlich-soziale Grundhaltung.