Herbert Leuninger

ARCHIV KIRCHE
1973

13. September 1973
CARITASTAG 1973
"Trifft der Sozialdienst der Kirche die Situation der Ausländer? "
Arbeitskreise:
Material und Auswertung

INHALT

Der jährliche Caritastag des Caritasverbandes des Bistums Limburg befasste sich 1973 mit der Situation der ausländischen Arbeitnehmerbevölkerung und den besonderen Aufgaben von Kirche und Wohlfahrtsverband ihr gegenüber.

Dazu fanden nach den Grundsatzüberlegungen und einer Pressekonferenz des Bischofs von Limburg diverse Arbeitskreise statt.


CARITASTAG 1973
CARITAS INTERNATIONAL

Arbeitskreise A

Thema

GLEICHBERECHTIGUNG FÜR AUSLÄNDER - THEORIE UND PRAXIS

Schlaglicht

"Zweck der Ausländer-Gesetzgebung ist nicht den Ausländern Schutz vor den Institutionen des Gastlandes zu gewähren, sondern das Gastland und seine Bürger zu schützen."

Kommentar eines hohen Regierungsbeamten
zum Ausländergesetz v. 1965

"…nur sind Ausländer bei uns tatsächlich weder Bürger erster noch Bürger zweiter Klasse. Sie sind überhaupt nicht Bürger unseres Staates ...."

R. WEBER (BDA)

Hintergrund

Der ausländische Arbeitnehmer ist arbeits- und sozialrechtlich dem deutschen Arbeitnehmer gegenüber weitgehend gleichgestellt. Was sonstige fundamentale Rechte angeht, ist er aber erheblich
benachteiligt.

Forderungen

  1. Das Ausländer-Recht ist im Sinne einer freiheitlich, demokratischen Ordnung zu reformieren.
  2. DGB

  3. Jeder einzelne Christ und die Kirche in allen Gliederungen sind aufgerufen auf den begonnenen Wegen fortzuschreiten, die Rechte der Ausländer zu verteidigen und ihre Chancengleichheit in Kirche Staat und Gesellschaft durchzusetzen.
  4. SYNODENVORLAGE

  5. Die Mitwirkung im Betrieb und politischer Gemeinde ist einzuräumen. Dazu gehört auch das aktive und passive Kommunalwahlrecht nach etwa fünfjährigem Aufenthalt.
  6. DEUTSCHER CARITAS-VERBAND

  7. Dem Ausländer sollte ein Recht auf Daueraufenthalt gewährt werden, das an die Stelle der jetzigen Aufenthaltsberechtigung tritt und nach im Gesetz aufgeführten, klar umrissenen Voraussetzungen erteilt wird.
  8. SYNODENVORLAGE

  9. Das Ausländer-Gesetz sollte so geändert werden, daß die "erheblichen" Belange, die eine Ausweisung aus der BRD rechtfertigen, gesetzlich erschöpfend normiert werden.
    Das Ausländer-Gesetz sollte so gefasst werden, daß nur die mißbräuchliche Erlangung der Sozialhilfe ein Ausweisungsgrund ist.
    Das Ausländer-Gesetz sollte so geändert werden, daß Straftaten leichteren Ausmaßes die Ausweisung eines Ausländers nicht rechtfertigen.
  10. SYNODENVORLAGE

  11. Die Familienzusammenführung sollte im Ausländerrecht geschlossen neu geregelt werden. Ehepartnern, Kindern und in Härtefällen sonstigen Angehörigen muß das Recht auf Zuzug eingeräumt werden.
  12. SYNODENVORLAGE

Stellungnahme

Welche Forderung muß vordringlich erhoben werden?

Was können Bistum, Caritas-Verband, Pfarreien zur Veränderung der Situation tun?

Auswertung der Arbeitskreise

1. Beurteilung der Situation, Erfahrungen

1.1 Isolation und Passivität

Es ist für Ausländer schwierig, mit der deutschen Bevölkerung Kontakt zu bekommen. Beide Seiten haben Hemmungen, sich aufeinander einzulassen. Vor allem sehen die Deutschen in den Ausländern eher die Arbeitskräfte als die Menschen.

Die ausländischen Arbeiter empfinden ihre isolierte Lage als bedrängend, ohne jedoch diese Problematik artikulieren zu können. Die Isolierung wirkt lähmend auf sie, so daß sie von sich aus kaum etwas dagegen unternehmen können. Machen Gemeinden Ansätze, um die Verbindung mit den Ausländern zu pflegen, so endet dies oft mit einem Mißerfolg. Das hinwiederum verstärkt die Isolierung und Passivität der Ausländer. Es müßten Modelle für Gruppen- und Familienarbeit mit ausländischen Arbeitnehmern entwickelt werden.

1.2 Integration

Ungeklärt ist, was man unter Integration versteht. Das Wort selbst birgt die Gefahr eines Mißverständnisses. So könnte Integration als Anpassung bis zur Aufgabe des eigenen nationalen und kulturellen Bewusstseins aufgefasst werden. Integration wäre aber eher von den Rechten her zu definieren, die den ausländischen Arbeitnehmern und ihren Angehörigen einzuräumen sind. Bei all dem bleibt ungeklärt, inwieweit die Ausländer überhaupt zu einer Integration bereit sind.

1.3 Politische Mitbestimmung

Damit die ausländischen Arbeitnehmer als Meinungsgruppe in das politische Blickfeld treten, müßte ihnen das aktive und passive Kommunalwahlrecht eingeräumt werden. Das setzt allerdings voraus, daß sich unter ihnen ein politisches Bewusstsein bildet, welches sich auch auszudrücken vermag und vor Manipulation geschützt ist. Der Zusammenschluß von Ausländern zu Interessengruppen und die Bildung kommunaler Ausländerbeiräte könnten hierzu eine Hilfe sein.

1.4 Daueraufenthalt

Das Recht auf Daueraufenthalt wirft vielschichtige Probleme auf Es ist z.B. zu klären, wie stark die Bundesrepublik Deutschland als Einwanderungsland kulturell, wirtschaftlich, politisch und soziologisch belastbar ist. Außerdem muß geklärt werden, welche weitergehenden Rechtsansprüche sich aus dem Daueraufenthalt ergeben.

2. Forderungen

2.1 Gesetze

  • Reform des Ausländerrechts im Sinne einer freiheitlichen, demokratischen Ordnung.
  • Mitwirkung der Ausländer im Betrieb und in der politischen Gemeinde. Dazu gehört auch das aktive und passive Kommunalwahlrecht nach etwa fünfjährigem Aufenthalt.
  • Gewährung des Rechtes auf Daueraufenthalt, das an die Stelle der jetzigen Aufenthaltsberechtigung tritt und nach im Gesetz aufgeführten, klar umrissenen Voraussetzungen erteilt wird.
  • Änderung des Ausländergesetzes dahingehend, daß die "erheblichen Belange, die eine Ausweisung aus der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigen" gesetzlich erschöpfend normiert werden.
  • Das Ausländergesetz sollte so gefasst werden, daß nur die mißbräuchliche Erlangung der Sozialhilfe ein Ausweisungsgrund ist.
  • Das Ausländergesetz sollte so geändert werden, daß Straftaten leichteren Ausmaßes die Ausweisung eines Ausländers nicht rechtfertigen.
  • Neuregelung der Familienzusammenführung. im Ausländerrecht. Ehepartnern, Kindern und im Härtefällen sonstigen Angehörigen muß das Recht auf Zuzug eingeräumt werden.
  • Aufruf an die Kirche und den einzelnen Christen, die Rechte der Ausländer zu verteidigen und ihre Chancengleichheit in Kirche, Staat und Gesellschaft durchzusetzen.
  • Ständige Überprüfung der die Ausländer betreffenden Gesetze durch das Bistum.

2.2 Information, Unterricht

  • Mehr Öffentlichkeitsarbeit zur Änderung des Bewusstseins. Aufdecken von Ungerechtigkeit seitens der Kirche.
  • Informationen der Bistumsleitung und des Caritasverbandes zur Problematik der ausländischen Arbeitnehmer, die den Gemeinden zugeleitet werden.
  • Bessere Information der Ausländer über ihre Rechte und Pflichten.
  • Sprachvorbereitung der Ausländer in der Heimat.
  • Vermehrtes Angebot von Sprachkursen für Ausländer.
  • Ausbildung und Förderung der ausländischen Arbeitnehmer mit kirchlichen Finanzmitteln.

2.3 Sozialdienst

  • Finanzieller und personeller Ausbau der kirchlichen Beratungsstellen und Sozialdienste für Ausländer.
  • Verstärkter Einsatz von Sozialberatern.
  • Verbesserung der Ausbildung sowie Weiterbildung der Sozialberater.
  • Werbung unter den Ausländern für ein Engagement in der Sozialarbeit.
  • Anerkennung der ausländischen Sozialberater als gleichberechtigte Partner der deutsche Behörden.

2.4 Industrie

  • Verpflichtung der Industrie, den ausländischen Arbeitnehmern Wohnungen zu beschaffen und für Kindergartenplätze und ausreichenden Schulunterricht zu sorgen.

2.5 Pfarrei

  • Vertretung der Ausländer in den Ausschüssen der Pfarreien.

CARITASTAG 1973
CARITAS INTERNATIONAL

Arbeitskreise B

Thema

DER KINDERGARTEN -
EINMALIGE CHANCE FÜR AUSLÄNDERKINDER

Schlaglicht

Kindertagesstätte "Maria-Hilf", Frankfurt: Ein Drittel der Kinder sind Ausländer. Da dem Kindergarten ein Hort angeschlossen ist, kann der Werdegang der Kinder auch nach der Einschulung verfolgt werden. Dabei wurde die Erfahrung gemacht, daß alle ausländischen Kinder, die vom Kindergarten in den Hort übergewechselt sind, die Realschule oder das Gymnasium besuchen.

Hintergrund

Der Mangel an Kindergartenplätzen wirkt sich besonders nachteilig auf die Kinder ausländischer Arbeitnehmer aus. Nur 5,6 % der Kinder in den Kindergärten des Bistums Limburg sind Ausländer. In Hessen machen aber bereits die ausländischen Kinder 10 % des Jahrgangs 1970 aus. Ihr Anteil an der Gesamtkinderzahl hat steigende Tendenz. Er liegt für 1972 bei 16%, in Frankfurt bei mehr als 35%.

Die Zukunft eines ausländischen Kindes kann entscheidend davon abhängen, ob es die Möglichkeit hat, einen deutschen Kindergarten zu besuchen. Ergebnisse neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zeigen daß bereits vor dem Schulalter einmalig günstige, unwiederholbare Lernchancen für das Kind gegeben sind. Die relative Beherrschung der deutschen Sprache eröffnet dem ausländischen Kind bessere Startmöglichkeiten für die Schule und die Berufsausbildung.

Forderungen

Der vorschulischen Bildung der Kinder kommt eine wesentliche Bedeutung zu, da dadurch eine bessere Eingliederung in die deutschen Schulen ermöglicht werden kann. Deshalb ist sicherzustellen, daß ihnen unter den gleichen Bedingungen alle Einrichtungen der Jugendhilfe offenstehen.

BUNDESMINISTERIUM FÜR ARBEIT UND SOZIALORDNUNG

Bei der Aufnahme in die Tageseinrichtungen und Kindergärten muß die Gleichbehandlung von ausländischen und deutschen Kindern gewährleistet sein. Bei der Beurteilung der Dringlichkeit der Aufnahme sollten berücksichtigt werden: die häufige, außerhäusliche Berufstätigkeit der Mütter, die in der Regel schlechteren Wohnverhältnisse ausländischer Familien, die allgemeinen Schwierigkeiten bei der Eingliederung, die Notwendigkeit die Sprache zu erlernen, und die in der Regel fehlende Möglichkeit einer frühzeitigen Voranmeldung des Kindes.

SYNODENVORLAGE

Den Trägern, Leitungen und Beiräten der katholischen Kindergärten im Bistum Limburg wird dringend nahegelegt, jedem ausländischen Kind mindestens ein Jahr vor der Einschulung den Besuch eines deutschen Kindergartens zu ermöglichen.

BESCHLUSS DES DIÖZESAN-SYNODALRATES
(25. August 1973)

Stellungnahme

Welche Forderung muß vordringlich erhoben werden?

Was können Bistum, Caritas-Verband und Pfarreien zur Veränderung der Situation tun?

Auswertung der Arbeitskreise

1. Beurteilung der Situation, Erfahrungen

1.1 Unterschiedliche Situation

Auf dem Land stellt sich das Problem der Ausländerkinder in den Kindergärten anders als in der Stadt. Die ländlichen Gebiete zählen nur wenige Ausländerkinder, so daß sie in den Kindergärten höchstens vereinzelt zu finden sind. Bei ihnen treten praktisch keine Integrationsschwierigkeiten auf. In dem einen oder anderen Fall könnte es notwendig sein, Hausbesuche bei ausländischen Eltern zu machen, um sie auf die Bedeutung des Kindergartenbesuches hinzuweisen.

1.2 Die deutschen Eltern

Die Einstellung der deutschen Eltern zu den Ausländerkindern im Kindergarten ist nicht einheitlich. Allgemein gilt, daß den deutschen Eltern ein ausreichendes Problembewusstsein fehlt. Unter ihnen gibt es sogar solche, die grundsätzlich gegen die Aufnahme von Ausländerkindern in die deutschen Kindergärten sind. Das zeigt sich etwa dann, wenn sie ihre Kinder aus den Gruppen nehmen, in denen sich Ausländerkinder befinden Vorurteile zeigen sich aber auch dort, wo deutsche Eltern den ausländischen Kindern reserviert gegenüber stehen.

1.3 Leitung und Pfarrgemeinde

Es sind aber auch nicht alle Leiterinnen zur Aufnahme der Kinder aus ausländischen Familien bereit, geschweige denn alle Kindergartenträger. Bei Pfarrern und Gemeinden fehlt gelegentlich das Interesse an der sozialen Not der Ausländer. Ein besonders krasses Beispiel wird aus Frankfurt berichtet. Ein dortiger Pfarrgemeinderat hat die Frage diskutiert, ob überhaupt Ausländerkinder aufgenommen werden sollen. Die Forderung des Pfarrers 40 % der Plätze für diese Gruppe von Kindern zur Verfügung zu halten, wurde rundweg abgelehnt. In einem Arbeitskreis wurde die Auffassung vertreten, daß ein situationsgemäßer Bewußtseinsstand nur in bestimmten Bezirken und Einrichtungen anzutreffen sei.

1.4 Ausländische Eltern

Besondere Schwierigkeiten ergeben sich bei der Zusammenarbeit mit den ausländischen Eltern. Die Ursachen hierfür liegen nicht nur in der Sprachbarriere, sondern auch in den unterschiedlichen Auffassungen über die pädagogische Zielsetzung eines Kindergartens. So betrachten ausländische Mütter etwa den Kindergarten eher als eine Versorgungseinrichtung, die eine Ganztagsbetreuung garantieren müßte. Gelegentlich kam es schon zu Differenzen über Öffnungszeiten, Beiträge und allgemeine Regelungen.

Auch wenn bei ausländischen Eltern das notwendige Interesse an Elternabenden zu fehlen scheint, und sich pädagogische Einsichten nur sehr unzulänglich vermitteln lassen, bleibt die Aufgabe der Elternarbeit bestehen. Es wird vorgeschlagen, Elternabende für bestimmte Nationalitäten unter der Beteiligung eines Dolmetschers abzuhalten. Auch könnten die Kindergartensatzungen und das pädagogische Konzept in andere Sprachen übersetzt werden. Nach wie vor funktioniert die Zusammenarbeit mit den Eltern am besten über die Kinder, welche bereits nach kurzer Zeit als Dolmetscher herangezogen werden können. Völlig überfordert ist allerdings ein Kindergarten, wenn er zusätzlich Beratungsdienst leisten soll.

1.5 Aufnahmekriterien

Da es keine einheitlichen Aufnahmekriterien gibt, verfahren die Leiterinnen oft bei der Aufnahme ausländischer Kinder unterschiedlich. Auf dem Land herrschen als Kriterien immer noch das Alter und der Anmeldetermin vor, während in der Stadt die sozialen Aspekte eine immer größere Rolle spielen. Hinzu kommt, daß die Wartelisten sehr unterschiedliche Längen haben. So finden in manchen Stadtgebieten bereits 2 1/2 - 3jährige Kinder Aufnahme, damit das Gruppensoll erfüllt und die Rentabilität gewährleistet werden. Dort, wie an anderen Stellen, wäre es ohne weiteres möglich, alle fünfjährigen Ausländerkinder zu berücksichtigen.

In einigen Einrichtungen zeichnet sich bereits eine Bevorzugung der Ausländerkinder ab, etwa dahingehend, daß die Fünfjährigen Vorrechte gegenüber den anderen Kindern haben. Vielleicht könnten die Ausländerkinder auch davon profitieren, daß Freiplätze für Härtefälle zur Verfügung stehen.

Die Empfehlung des Diözesan-Synodalrates zur Aufnahme von Ausländerkindern könnte dahingehend missverstanden werden, das ausländische Kind brauche im Grunde erst ein Jahr vor dem Schulbesuch aufgenommen zu werden.

1.6 Die Kinder

Für die ausländischen Kinder empfehlen sich gemischte Gruppen. Die Integration wird erheblich gefördert, wenn in einer Gruppe nur ein geringer Prozentsatz ausländischer Kinder ist. Andernfalls werden Lernprozesse - wie etwa der Spracherwerb - stark beeinträchtigt. Zudem besteht die Gefahr, daß sich ein Kindergarten wieder zur Verwahranstalt zurückentwickelt. Eine Gruppe bleibt funktionsfähig, solange der Prozentsatz der Ausländerkinder 20% nicht überschreitet. Völlig anders stellt sich natürlich das Problem, wo - wie in manchen Stadtgebieten Frankfurts - der Prozentsatz der ausländischen Kinder erheblich angestiegen ist.

Anfänglich hat das ausländische Kind Angst vor der Gruppe. Diese Angst könnte stufenweise abgebaut werden, wenn es zuerst nur stundenweise in eine Gruppe aufgenommen würde und die Geschwister oder die Eltern Übersetzungsaufgaben übernähmen.

Bei der Sprachförderung wurden sehr gute Erfahrungen mit der Montessori-Methode gemacht.

1.7 Öffnungszeiten, Ganztagsplätze

Die ausländischen Eltern sind verständlicherweise an Tagesplätzen interessiert, von denen zu wenige zur Verfügung stehen. Sie könnten dann im vermehrten Umfang eingerichtet werden, wenn auch weiteres Personal zur Verfügung stünde. Auf jeden Fall könnte eine stärkere Flexibilität der Öffnungszeiten von Nutzen sein. Vielleicht sollte gerade für die Mütter, die halbtags im Beruf stehen, das Angebot gemacht werden, daß sie ihr Kind erst zwischen 13 und 14 Uhr abholen, nachdem dieses im Kindergarten ein Mittagessen eingenommen hat.

1.8 Nationale bzw. internationale Kindergärten

Aus den (inter-)nationalen Kindergärten wurde folgendes berichtet: Vergeblich hat man für den italienischen Kindergarten in Frankfurt eine deutsche Erzieherin gesucht. Er teilt mit dem internationalen (spanischen) Kindergarten in Frankfurt-Höchst das Schicksal, daß keine deutschen Kinder die Tagesstätten besuchen.

Die Kinder des italienischen Kindergartens von Frankfurt gehen für Stunden in die Gruppen eines deutschen Kindergartens, während die Kinder des italienischen Kindergartens Oberursel ein Jahr vor der Einschulung einen deutschen Kindergarten besuchen.

In drei Arbeitskreisen zeigte sich die einhellige Meinung, daß keine weiteren (inter-)nationalen Kindergärten eröffnet werden sollten.

1.9 Ausländische Erzieherinnen

Die Einstellung von ausländischen Erzieherinnen dürfte auf Bedenken von Seiten der deutschen Eltern stoßen, weil sie Nachteile für die allgemeine Sprachförderung befürchten. Einwände gegen die Anstellung von ausländischen Helferinnen wären sicher nicht zu erwarten.

1.10 Hausaufgabenhilfe

Erwähnt wurde, daß manche Kindergärtnerinnen nachmittags nicht ganz ausgelastet sind. Diese könnten sich bei der Hausaufgabenhilfe beteiligen. Das wurde aber als Überforderung angesehen. Relativ einfach wäre es für einen Kindergarten, nachmittags Räume für die Hausaufgabenhilfe zur Verfügung zu stellen.

2. Forderungen

2.1 Grundsätzliche Forderungen

  • Gleiche Chancen für jedes deutsche und ausländische Kind.
  • Weiterleitung der aufgestellten Forderungen an alle Kindergärten und die Fachschulen.

2.2 Bewusstseinsbildung

  • Abbau von Vorurteilen in der Gesellschaft.
  • Gemeindeveranstaltungen zur Bewusstseinsbildung unter Beteiligung der ausländischen Pfarrer und Sozialberater.

2.3 Eltern

  • Vermehrtes Engagement der ausländischen Pfarrer und Sozialberater bei der Bewusstseinsbildung der deutschen und ausländischen Eltern.
  • Förderung von Kontakten zwischen deutschen und ausländischen Eltern.
  • Gezielte Elternarbeit mit ausländischen Eltern.
  • Mehr Einzelgespräche mit ausländischen Eltern unter Beteiligung des zuständigen Sozialberaters.
  • Übersetzung der Kindergartenordnung und des pädagogischen Konzeptes in die einzelnen Sprachen.

2.4 Kinder

  • Förderung der Sprachentwicklung bei den ausländischen Kindern.
  • Erziehung der deutschen Kinder auf den Umgang mit ausländischen Kindern.

2.5 Erzieherinnen

  • Methodisch didaktische Hilfen für die pädagogische Arbeit mit ausländischen Kindern.
  • Fortbildungsprogramme für Erzieherinnen auf kulturellem, sprachlichem und musischem Gebiet zum besseren Verständnis anderer Mentalitäten.

2.6 Kindergarten

  • Aufstellung von allgemeinen Aufnahmekriterien und deren Empfehlung durch den Diözesan-Synodalrat.
  • Überprüfung der Höhe der Kindergartenbeiträge für Ausländer.
  • Erweiterung des Angebotes von Tagesplätzen bei entsprechender personeller Besetzung.
  • Vertretung der ausländischen Eltern im Kindergartenbeirat.

CARITASTAG 1973
CARITAS INTERNATIONAL

Arbeitskreise C

Thema

SCHULNOTSTAND -
WER HILFT DEN AUSLÄNDISCHEN SCHÜLERN?

Schlaglicht

Frankfurter Allgemeine Zeitung 2.7.1973:
    DER ERLASS DES KULTUSMINISTERS NUR THEORIE.
Frankfurter Rundschau 28.6.1973:
    SCHLECHTE AUSBILDUNG DER KINDER VERHINDERT INTEGRATION Frankfurter Neue Presse 28.6.1973:
    VON CHANCENGLEICHHEIT KEINE REDE

Hintergrund

Am 26. Juni 1973 spricht Pfr. Lüderwaldt auf einer Pressekonferenz des "Initiativausschusses ausländische Mitbürger in Hessen", dem auch der Caritas-Verband angehört, von skandalösen Verhältnissen für Ausländerkinder an Frankfurter Schulen. Fast 70 % der ausländischen Schüler erreichen keinen Hauptschulabschluß. Das hängt damit zusammen, daß wichtige Bestimmungen des hessischen Erlasses über den "Unterricht für die Kinder ausländischer Arbeitnehmer" vom 23.8.71 nicht konsequent eingehalten werden. Nach diesem Erlass sollen ausländische Schüler ein Jahr lang in sogenannten Vorbetungsklassen auf den Übergang in die deutsche Schule vorbereitet werden und dabei täglich zwei Stunden Deutschunterricht erhalten.

Von türkischen, spanischen und griechischen Kindern in Frankfurt wurde berichtet, daß sie bis zu fünf Jahren in den Vorbereitungsklassen verbleiben und zumeist einen nur völlig unzulänglichen Deutschunterricht erhalten. Letzteres hängt mit den nicht ausreichenden Deutschkenntnissen der ausländischen Lehrer zusammen.

"Luis Rodrigues begann eine Lehre, mußte sie aber wegen mangelnder Deutschkenntnisse abbrechen. Er hatte mehrere Jahre lang die Vorbereitungsklasse besucht."

Forderungen

Die Schulgesetzgebung der Bundesländer ist ständig zu überprüfen um die Hindernisse zu beseitigen, die das ausländische Kind gegenüber dem deutschen Kind schlechter stellen.

SYNODENVORLAGE

Es sind, ggfs. durch Änderung der einschlägigen Gesetze, Maßnahmen zur Erfassung und Überwachung der Schulpflicht aller in Betracht kommenden ausländischen Kinder zu treffen.

SYNODENVORLAGE

Außerschulische Hilfen sind verstärkt einzurichten. Dabei ist das Schwergewicht auf die Aufgaben-Hilfe zu legen.

SYNODENVORLAGE

Stellungnahme

Welche Forderung muß vordringlich erhoben werden?

Was können Bistum, Caritas-Verband und Pfarreien zur Veränderung der Situation tun?

Auswertung der Arbeitskreise

1. Beurteilung der Situation, Erfahrungen

1.1 Identitätskrise der Kinder

Der italienische Pfarrer Cotelli schildert die Identitätskrise der ausländischen Kinder. Sie stehen zwischen der Erwartung der Eltern, der Heimatregierung und des Konsulats einerseits und den Anforderungen in der Bundesrepublik andererseits. Beiden Seiten können sie im Augenblick nicht gerecht werden. So lernen sie weder ihre Muttersprache noch die deutsche Sprache wirklich kennen. Das führt zu psycho-sozialen Defekten. Als Lösung schlägt er zweisprachige Kindergärten und Schulen vor.

Unter dem Lehrermangel und der Überlastung der Schulen leiden besonders stark die ausländischen Kinder. Zweidrittel von ihnen schaffen nicht den Hauptschulabschluss. Oft sind sie zwei Jahre älter als der Klassendurchschnitt. Von den Eltern können sie keine Hilfe erwarten.

1.2 Einstellung der ausländischen Eltern

Die Einstellung der ausländischen Eltern zu den Schulfragen ist sehr unterschiedlich. Obwohl sie von zu Hause her zu den Aktiveren und Mobilen gehören, fehlt ihnen hier das rechte Selbstbewusstsein, um sich artikulieren zu können. Sie fühlen sich als "zweite Wahl". In vielen Fällen haben sie eine unzureichende Schulbildung.

Nicht immer sehen die Eltern den Sinn der Schule ein. Dabei müßten sie selbst das Lernen ihrer Kinder wollen. Der eigene Verdienst und das baldige Verdienen ihrer Kinder werden oft als wichtiger angesehen, als eine gute Schulausbildung. Außerdem besteht die Angst vor einer Germanisierung und damit einer Entfremdung ihrer Kinder durch die deutsche Schule. Es wird die Auffassung vertreten, die Eltern würden sich sehr bald für die Schule interessieren, wenn in den deutschen Schulen zweisprachige Klassen oder Züge eingerichtet würden.

1.3 Erziehungs- und Bildungsziel

Als Erziehungs- und Bildungsziel - gerade auch für Vorschule und Kindergarten - nur das Erlernen der Landessprache anzusehen wird als kurzsichtig gewertet. Mit der ersten Spracherziehung müssen Umwelterfassung, Kommunikation, das Erlernen praktischer Fertigkeiten und der Abbau von Vorurteilen Hand-in-Hand gehen. Selbst bei perfekter Beherrschung der Sprache bleiben die Ausländer wegen ihres Ausländerstatus weiter benachteiligt.

1.4 Schulaufgabenhilfe

Soll man sich hierbei nach den Anforderungen der Schule richten oder nach den Bedürfnissen der Kinder? Diese beiden Gesichtspunkte sind nur schwer in Übereinstimmung zu bringen. Auf jeden Fall ist es unmöglich, die ausländischen Schüler vor die gleichen Anforderungen zu stellen wie die deutschen.

Für die Hausaufgabenhilfe stehen nicht genügend ausgebildete Kräfte zur Verfügung. So wie in der Schule fehlen auch hierfür geeignete Literatur und Lernmittel. Nicht gerade einfach ist es auch geeignete Räume zu finden. Aus Kriftel - wo es seit Jahren eine Lernstube gibt - kam die Ermutigung: Durchhalten! Nach jahrelangen Bemühungen zeichnen sich jetzt die Erfolge ab.

1.5 Patenschaften

Eine gute Möglichkeit für die ausländischen Schüler wäre die Übernahme von Patenschaften, bei denen das Ausländerkind die Aufgaben mit deutschen Kindern zusammen macht. Sehr leicht ergibt sich dann auch ein Kontakt zwischen der deutschen und der ausländischen Familie.

Gegen diesen Vorschlag wurde aber eingewendet, daß viele Deutsche Angst vor der fremden Mentalität und dem Einbruch in die Privatsphäre hätten. Würde aber die ausländische Familie nicht mit in den ganzen Lernprozess einbezogen, so ergäbe sich wiederum die Gefahr der Entfremdung der Kinder von ihren Eltern.

2. Forderungen

2.1 grundsätzliche Forderungen

  • Die Ausländergesetze sind so zu reformieren, daß die Unsicherheiten über die Zukunft der einzelnen Familien beseitigt werden, und diese für ihre Kinder besser planen können.
  • Zunächst sind die Bestimmungen des Hessischen Erlasses über den Unterricht für die Kinder ausländischer Arbeitnehmer zu verwirklichen. Vor allem muß der dort vorgesehene Unterricht in Heimatsprache und -kultur durchgeführt werden.

2.2 Information und Bewußtseinsbildung

  • Intensivere Öffentlichkeitsarbeit bei Ausländern und Deutschen hinsichtlich der anstehenden Probleme.
  • Bewußtseinsänderung in Kirche und Gesellschaft durch überregionale Aktionen.
  • Anregungen an die Pfarrgemeinderäte mit entsprechendem Informationsmaterial.
  • Einrichtung der Pfarrbüros als Informationszentren für bestehende und mögliche Aktivitäten.
  • Mitverantwortung der Ausländer anregen und partnerschaftlich unterstützen.
  • Überpfarrliche Schulung von Mitarbeitern.
  • Information der ausländischen Eltern über den Hessischen Schulerlass.
  • Studium von Fremdsprachen seitens deutscher Gemeindeglieder.

2.3 Kindergarten, Schule, Hausaufgaben

  • Einstellung von Kindergärtnerinnen aus den verschiedenen Ländern.
  • Neutral gehaltene Bildungspläne und Lehrbücher, die mit den deutschen Gesetzen übereinstimmen und regimetreuen Unterricht verhindern.
  • Unterricht in Heimatsprache und -kultur.
  • Mehr finanzielle Mittel für die Unterrichtung ausländischer Kinder.
  • Handreichungen für Hausaufgabenhelfer.
  • Förderung von Freundschaften deutscher und ausländischer Familien.
  • Zweisprachigkeit (Deutsch und Muttersprache gleichwertig)

2.4 Zweisprachige Kindergärten

  • Zweisprachige Schulen
  • Lehrpläne mit voller Zweisprachigkeit
  • Zweisprachige Schulmodelle

CARITASTAG 1973
CARITAS INTERNATIONALAL

Arbeitskreise D

Thema

JUNGE AUSLÄNDER -
UNSERE HILFSARBEITER VON MORGEN?

Schlaglicht

Landkreis Marburg: von den 283 ausländischen berufsschulpflichtigen Jugendlichen im Landkreis Marburg stehen z.Zt. lediglich fünf in einem Ausbildungsverhältnis.

Hintergrund

Die berufliche Ausbildung und Förderung der schulentlassenen ausländischen Jugendlichen stellt weithin noch ein großes Problem dar. Ein großer Teil der ausländischen Kinder verläßt die Hauptschule ohne Abschlußzeugnis. Damit ist schon von vornherein für diese Jugendlichen der Zugang zu Berufsschule, Berufsausbildung und weiterführenden Schulen versperrt.

Hinzu kommt, daß viele Eltern zur Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage ihre Kinder möglichst frühzeitig in den Arbeitsprozeß eingliedern.

Bei der deutschen Bevölkerung, vor allem in den Betrieben, ist gleichzeitig ein Bewußtseinswandel in der Richtung erforderlich, die ausländischen Kinder nicht als die zweite Generation von Hilfsarbeitern anzusehen .

SYNODENVORLAGE

Forderungen

Es sind Verhandlungen mit dem Kultusministerium zu führen, um ein Verbesserung der Situation an den Grund- und Hauptschulen zu erreichen. Mindestens der hessische Schulerlaß vom August 1971 muß erfüllt werden .

GEWECKE, Sozialsekretärin

Auch für ausländische Jugendliche, die keine abgeschlossene deutsche Schulbildung erhalten haben, sollten Maßnahmen zur Förderung ihrer sprachlichen und beruflichen Bildung geschaffen werden.

BUNDESMINISTERIUM FÜR ARBEIT UND SOZIALORDNUNG

Es sind Verhandlungen mit dem Kultusministerium zur Verbesserung der Berufsschulsituation zu führen, vor allem um eine Möglichkeit zu schaffen, den Hauptschulabschluss nachzuholen.

Für Jugendliche in berufsbildenden Schulen sind Stützkurse einzurichten, in denen eine Erweiterung der Sprachkenntnisse und eine Vertiefung der Elementarkenntnisse ermöglicht werden.

SYNODENVORLAGE

Stellungnahme

Welche Forderung muß vordringlich erhoben werden?

Was können Bistum, Caritas-Verband und Pfarreien zur Veränderung: der Situation tun?

Auswertung der Arbeitskreise

1. Beurteilung der Situation, Erfahrungen

1.1 Hilfsarbeiterstelle statt Berufsausbildung

Die Misere des ausländischen Jugendlichen hat bereits dann ihrer Anfang genommen, wenn er keinen Kindergarten besuchen konnte. Später müssen viele als Babysitter zuhause bleiben, da beide Eltern berufstätig sind.

Die Kinderarbeit von 13-14jährigen ist häufig anzutreffen. Eine Reihe von Eltern legt größeren Wert auf eine Hilfsarbeiterstelle, als auf eine geordnete Berufsausbildung. In höheren Schulen sind ausländische Schüler nur selten anzutreffen. Der Besuch der Berufsschule lässt erheblich zu wünschen übrig. Hier fehlt der notwendige Einsatz von Eltern, Schule und Arbeitgeber. Manche Arbeitgeber stellen ausländische Jugendliche erst dann ein, wenn sie nicht mehr der Berufsschulpflicht unterliegen. In den Lehrwerkstätten werden sehr selten Ausländer ausgebildet.

1.2 Schwierigkeiten

Die Schwierigkeiten, vor denen der junge Ausländer steht, sind folgende:
Unterschiedliche Mentalität, keine Beherrschung der deutschen Sprache, minderer sozialer Status, Profitdenken, Unsicherheit über die Verweildauer in der Bundesrepublik und ungenügende Berufsvorbereitung. Nicht zu unterschätzen ist auch die Auswirkung von Vorurteilen, die aus Nationalismus, Kontaktarmut in unserer Industriegesellschaft und Existenzangst entstehen.

1.3 Zweiklassengesellschaft

Es wird die Warnung vor einer europäischen Desintegration und dem Entstehen einer Zweiklassengesellschaft ausgesprochen.

Ein besonderer Mangel ist das Fehlen geeigneter zwischenstaatlicher Abmachungen, die auf eine gute Ausbildung der Ausländerkinder abstellen.

So wäre es z.B. erforderlich, daß die Umschulungsmöglichkeiten vom Hilfsarbeiter zum Facharbeiter und sonstige Förderungsmaßnahmen auch auf junge Leute aus Nicht-EG-Staaten ausgedehnt würden.

1.4 Intensivkurs

Ein positives Gegenbeispiel stellt ein Modell in der Elly-Heuss-Knapp-Berufsschule in Frankfurt dar. Dort wurden junge Ausländer in einem einjährigen Intensivkurs bei 26 Wochenstunden auf bestimmte Berufe vorbereitet. Die Äbsolventen des ersten Kurses konnten alle in eine Lehrstelle vermittelt werden.

2. Forderungen

2.1 Heimatländer

  • In der Heimat Vorbereitungsmaßnahmen auf die Integration in Deutschland.
  • Internatserziehung in der Heimat.
  • Zwischenstaatliche Vereinbarungen die auf eine gute Ausbildung der Ausländerkinder in der Bundesrepublik abzielen (Dauer der Schulpflicht, Anerkennung von Schulabschlüssen etc.).

2.2. Schule

  • Der Kindergarten- und Schulbesuch ist so zu intensivieren, daß möglichst alle Kinder einen Hauptschulabschluss erreichen
  • Einrichtung mehrsprachiger Schulen.
  • Möglichkeiten den Hauptschulabschluss nachzuholen.
  • Zusatzunterricht, Sprach- und Förderkurse.
  • Berufsvorbereitende Lehrgänge seitens des Caritasverbandes,
  • Intensivkurse, die den Berufsschulunterricht begleiten oder ersetzen.

2.3 Kirche und Gesellschaft

  • Bewusstseinsbildung bei der deutschen Bevölkerung über die Notwendigkeit der Berufsausbildung für Ausländer.
  • Schritte dazu, daß sich die deutschen Behörden stärker mit der gesamten Problematik befassen.
  • Gemeinsame Freizeitveranstaltungen von Deutschen und Ausländern.
  • Mit den Ausländern zusammen Reflexion über deren Situation.
  • Mehr eigene Räumlichkeiten für die Ausländer.
  • Weiterer Bau von Ausländerzentren in denen Jugendliche u.a. die Möglichkeit haben, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern.

2.4 Pfarrei

  • Stärkere Öffnung der Pfarreien für die ausländischen Jugendlichen, besonders durch eigene Veranstaltungen.
  • Verstärkte Kontakte der Pfarrer mit der Ausländerjugend.
  • In den Pfarreien Einrichtung von Spielstuben, die Hortcharakter tragen.

CARITASTAG 1973
CARITAS INTERNATIONAL

  Arbeitskreise E

Thema

SIND AUSLÄNDER IN KRANKENHÄUSERN UND HEIMEN AKZEPTIERT ?

Schlaglicht

"Wir haben uns schon an ihr Dasein gewöhnt - aber wir haben auch davon Kenntnis genommen, daß viele Abteilungen in unseren Krankenhäusern schließen müßten, wären nicht Asiaten aus Korea, Indien, den Philippinen - nur um die großen Gruppen zu nennen- zu uns in die BDR gekommen?"

Anni Jülich, Caritas Köln

Demgegenüber wird das Fehlen z.B. von Krankenhausbetten immer stärker mit dem Zuzug von Ausländern in Verbindung gebracht.

Hintergrund

Anfangsschwierigkeiten der ausländischen Mitarbeiter in den Krankenhäusern und Heimen entstehen durch mangelnde Sprachkenntnisse, durch die Herauslösung aus dem gewohnten Kulturbereich und aus bestehenden Bindungen, ferner durch die Unkenntnis der Lebensgewohnheiten in Deutschland. Hinzu kommt das Unverständnis der deutschen Mitarbeiter gegenüber den oft ungewohnten Verhaltensweisen und Haltungen der Ausländer.

Jede Krankheit macht unsicher und hilflos. Hilflosigkeit und Unsicherheit werden bei ausländischen Patienten oder Heimbewohnern noch verstärkt durch Sprachschwierigkeiten und durch die ihnen vielfach entgegengebrachte Ablehnung.

Es ist weiter zu fragen, ob die verschiedenen Einrichtungen sich auf die anderen kulturellen und religiösen Gewohnheiten der ausländischen Patienten einstellen (können)?

Forderungen

Die ausländischen Mitarbeiter in Krankenhäusern und Heimen sind noch in ihrem Heimatland auf die Situation in Deutschland vorzubereiten.
Durch Sprachkurse und Einführungskurse in die inner- und außerbetriebliche Umwelt sind den ausländischen Mitarbeitern optimale Hilfen bei der Bewältigung der Anfangsschwierigkeiten zu geben.

Auch die deutschen Mitarbeiter müssen durch ausreichende Information u.a. über kulturelle und religiöse Gewohnheiten auf die Zusammenarbeit mit ihren ausländischen Kollegen vorbereitet werden.

Für die Patienten bzw. Heimbewohner ist in der jeweiligen Landessprache Informationsmaterial bereitzustellen über Krankenhaus- bzw. Heimordnung u.ä.; darüber hinaus müssen Verständigungshilfen zwischen Patient und Pflegepersonal 3. Arzt zur Erklärung von Schmerzen etc. erarbeitet und zur Verfügung gestellt werden.

Sozialdienste müssen sowohl ausländischen Patienten als auch den ausländischen Mitarbeitern zur Verfügung stehen.

Stellungnahme

Welche Forderung muß vordringlich erhoben werden?

Was können die Mitarbeiter in den Krankenhäusern und Heimen selbst zur Verbesserung der Situation beitragen ?

Was können Bistum, Caritas-Verband und Pfarreien zur Veränderung der Situation tun?

Auswertung der Arbeitskreise

1. Beurteilung der Situation, Erfahrungen

Die erste allgemeine Feststellung war die, daß zumindest die ausländischen Mitarbeiter in den Krankenhäusern und Heimen weithin akzeptiert sind. Bei Patienten dürfte die Situation ungünstiger sein.

Bei den weiteren Überlegungen ergaben sich die drei folgenden Problembereiche:

1.1 Sprachschwierigkeiten

Sie wirken sich sowohl bei den Mitarbeitern wie bei den Patienten aus.

Die ausländischen Mitarbeiter müßten möglichst schnell die deutsche Sprache erlernen. Vorher ist es problematisch, ihnen verantwortungsvolle Tätigkeiten im Pflegebereich zu übertragen. Das sollte aber nicht dahin führen, daß die ausländische examinierte Schwester Reinigungsarbeiten o.ä. Tätigkeiten verrichten muß.

Für ausländische Patienten, ihre Angehörigen und Bekannten, ist es häufig sehr schwierig, den Ärzten und dem Pflegepersonal die Krankheitssymptome zu erläutern. Andererseits ist es für das Pflegepersonal nicht einfach, Behandlungsplan, Heimordnung und das Verhalten nach der Entlassung zu erklären.

1.2 Sozialarbeit

Für die ausländischen Patienten im Krankhaus fehlt fast völlig ein besonderer Sozialdienst. Die Notwendigkeit, diesen Dienst auszubauen, wurde damit begründet, daß eine Vielzahl von arbeits- und sozialrechtlichen Fragen zu klären ist. Darüber hinaus müßten auch die psychischen und sozialen Bedingungen, unter denen die Patienten leben, in ihrer Bedeutung für das Entstehen einer Krankheit und deren Heilung erkannt und berücksichtigt werden.

1.3 Informationen

Die Patienten und ihre Angehörigen sind zumeist ungenügend über Krankenhaus- und Heimordnungen informiert. Teilweise fehlt ihnen auch das Verständnis für bestimmte Ordnungen (Besuchszeiten).

Die ausländischen Mitarbeiter kennen sich zu wenig in ihrer neuen inner- und außerbetrieblichen Umwelt aus. Das betrifft die Organisation des Krankenhauses, das Einkaufen, das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel usw.. Diese Probleme ließen sich - bei einer rechtzeitigen Einführung - sehr schnell bewältigen.

2. Forderungen

2.1 Sprach- und Einführungskurse

  • Sprach- und Einführungskurse für ausländische Mitarbeiter in der Heimat.
  • Nach der Ankunft in Deutschland Sprachunterricht nach modernen Methoden (Sprachlabor).

2.2 Sozialdienst

  • Der Sozialdienst für Ausländer muß sich auch auf die ausländisch( Patienten erstrecken und ist entsprechend auszubauen.

2.3 Informationen

  • Für die ausländischen Patienten und Mitarbeiter sind Information( in der jeweiligen Landessprache zu erstellen. Dabei dürfen nicht nur Texte übersetzt werden, es muß vielmehr auf die Mentalität der einzelnen Nationen eingegangen werden.

CARITASTAG 1973
CARITAS INTERNATIONAL

Arbeitskreise F

Thema

SOZIALWOHNUNGEN FÜR DEUTSCHE -
MIETWUCHER FÜR AUSLÄNDER?

Schlaglicht

Wiesbaden, Helenenstr. 16 : In diesem Haus wohnen 100 Ausländerfamilien. Jede Familie bewohnt ein Zimmer, das in keinem Fall größer als 10 qm ist. Der qm-Preis beläuft sich auf DM 15,-- bis DM 20,--, so daß die Mieten für ein Zimmer zwischen DM 170,-- und DM 210,-- schwanken. Für je neun Familien steht eine Toilette zur Verfügung, für je 30 Familien ist eine Dusche vorhanden. Die Jahresrendite des Hauses, dessen Wert auf DM 400.000,-- geschätzt wird, beträgt DM 200.000,--.

CORRIERE D'ITALIA 14.6.1973

Hintergrunod

In Nordrhein-Westfalen liegen die Mietpreise für Gastarbeiterwohnungen 31% über der landesüblichen Miete.

Jede fünfte Ausländerfamilie dieses Bundeslandes wohnt in einer Notwohnung (wie Dachboden, Keller, Baracke oder Schuppen).

Millionen Bundesbürger wohnen in billigen Sozialwohnungen, obwohl sie bei ihren gestiegenen Einkommen keinen Anspruch mehr darauf haben.

Die Förderungsmittel für den sozialen Wohnungsbau in Hessen, die auch den Ausländern zugute kommen sollen, sind 1973 gegenüber den Vorjahr um die Hälfte gekürzt worden. Für das Baujahr 1974 ist mit weiteren Streichungen zu rechnen.

Forderungen

Die Wohnungsaufsichts-, Gesundheits- und Ordnungsämter und die sonst zuständigen Behörden müssen - insbesondere auch durch die Mithilfe der Bevölkerung - veranlasst werden, mit allen Mitteln einzugreifen, wenn menschenunwürdige Unterkünfte vermietet, die Räume untragbar überbelegt werden, sanitäre Einrichtungen fehlen oder Wucherpreise gefordert werden.

SYNODENVORLAGE

Mit Vorrang sind - über die wenigen Modellmaßnahmen hinaus - öffentlich geförderte Wohnraumprogramme für ausländische Arbeitnehmer zu verwirklichen.

SYNODENVORLAGE

Die ausländischen Familien müssen entsprechend ihrem Anteil an den einheimischen Wohnungssuchenden bei der Vergabe von Sozialwohnungen berücksichtigt werden.

SYNODENVORLAGE

Die Bistümer sollten ihren Siedlungsträgern verstärkt Grundstückeund finanzielle Mittel für Bauprogramme, zur Gewinnung sonstigen Wohnraums und für die Durchführung von Gruppen- und Gemeinwesenarbeit mit Ausländern zur Verfügung stellen.

SYNODENVORLAGE

Stellungnahme

Welche Forderung muß vordringlich erhoben werden?

Was können Bistum, Caritas-Verband und Pfarreien zur Veränderung der Situation tun?

Auswertung der Arbeitskreise

1. Beurteilung der Situation, Erfahrungen

1.1 Gründe für die schlechte Wohnsituation der ausländischen Arbeitnehmer.

  • Sprachschwierigkeiten verhindern, daß ein für beide Seiten akzeptabler Mietvertrag ausgehandelt wird.
  • Manche Makler wittern auf dem Ausländersektor lukrative Geschäfte.
  • Bei Ausländern werden besonders hohe Mietvorauszahlungen gefordert.
  • Es gibt Hausbesitzer, die es grundsätzlich ablehnen an Ausländer zu vermieten.
  • Bei den Ausländern herrscht eine große Unkenntnis darüber, daß sie sich wie jeder deutsche Staatsbürger beim Wohnungsamt um eine Sozialwohnung bewerben und Wohngeld beanspruchen können.
  • Der Mietwucher kann bei der unzulänglichen Gesetzgebung kaum verhindert werden. Außerdem schrecken die ausländischen Arbeiter vor Anzeigen zurück, da sie befürchten, die Wohnung zu verlieren.
  • Die Aufenthaltsdauer ist für sehr viele Ausländer ungewiß. Das hängt sehr stark mit dem Ausländergesetz zusammen. Daher können und wollen ausländische Arbeiter keine längerfristigen Mietverträge abschließen. Kurzfristige Mietverträge sind nicht immer im Interesse der Hausbesitzer. So nehmen die Ausländer mit einfachen und billigen Wohnungen vorlieb.
  • Die Ausländer haben meistens den großen Wunsch, bald wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Alles, was sie von ihrem Verdienst erübrigen können, schicken sie nach Hause. So nehmen sie auch eine schlechtere Wohnung in Kauf, da sie ihren hiesigen Aufenthalt nur als eine Übergangserscheinung betrachten.
  • Arbeiter, die alle ihre Habe in der Heimat verkauft haben, um nach Deutschland fahren zu können, sind gezwungen, irgendein Dach über dem Kopf zu finden. Ihnen droht der Entzug der Arbeitserlaubnis, wenn sie keine Wohnung nachweisen können.
  • Die Überbelegung von Wohnungen resultiert daraus, daß Familienmitglieder nachziehen.

1.2 Bemühungen von Staat und Kirche

  • Die Verbesserung der Wohnsituation bei den Ausländern kann nur mit Unterstützung von Staat, Kirche und Industrie erreicht werden.
  • In der Bundesrepublik werden jährlich ca. 400.000 Wohnungen gebaut. Eigentlich müßten 25 % der Wohnungen für ausländisch Familien zur Verfügung stehen. Nur dann wäre eine Gleichbehandlung gegeben.
  • Das Land Hessen stellt öffentliche Mittel im Facharbeiterprogramm zur Verfügung. Diese Mittel knüpfen sich an die Bedingung, daß der Arbeitgeber 25 % der Herstellungskosten aufbringt. Zumeist sind jedoch die Arbeitgeber nicht bereit oder in der Lage, diesen Beitrag zu leisten. In dem Maße, wie der entsprechende Zuschuss von Arbeitgeberseite ausfällt, sind die öffentlichen Mittel blockiert.
  • Das Bistum Limburg hat zur teilweisen Deckung des ausfallenden Arbeitgeberanteiles in den letzten zwei Jahren DM 500.000,-- als zinsgünstiges Darlehen zur Verfügung gestellt. Dadurch wurde der Bau von 56 Gastarbeiterwohnungen ermöglicht.

1.3 Wohnformen, Sozialwohnungen.

  • Es muß zwar vermieden werden, daß Ghettos entstehen, andererseits muß auch eingeräumt werden, daß ausländische Familien unter ihresgleichen wohnen können.
  • Besser als eigene Gastarbeiterprogramme ist die Förderung des Baus von Sozialwohnungen. Bei der Vergabe dieser Wohnungen sollten die Ausländer ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend berücksichtigt werden.
  • Viele belegte Sozialwohnungen sind zu räumen. Es geht nicht an, daß Millionen Bundesbürger in Sozialwohnungen leben, obwohl sie darauf keinen Anspruch mehr haben.

2. Forderungen

2.1 Informationen.

  • Information und Vorbereitung der ausländischen Arbeitnehmer in der Heimat.
  • Aufklärung der ausländischen Arbeiter über ihre Rechte.

2.2 Gesetzgebung, Verordnungen.

  • Verbesserung der Gesetze zur Verhinderung des Mietwuchers.
  • Grundsätzliche Verpflichtung der Arbeitgeber zur Unterbringung der ausländischen Arbeitnehmer.
  • Erhöhung der Vermittlungsgebühr in dem Maß, daß mit dem Geld die Folgekosten für Kindergärten, Schulen, Wohnungen etc. gedeckt werden können, die mit der Einreise der Ausländer in die Bundesrepublik entstehen.
  • Erhebung eines jährlichen Arbeitgeberbeitrags um den Betrieb der vorgenannten Einrichtung zu finanzieren.
  • Auflage, bei jedem Mietvertrag mit einem Ausländer einen Dolmetscher hinzuzuziehen. Daher auch ein verstärkter Einsatz von Dolmetschern.

2.3 Maßnahmen von Regierung und Behörden.

  • Bau von Gastarbeiterwohnungen im Rahmen des allgemeinen und sozialen Wohnungsbaus. Bei jeder Wohnanlage sollten bis zu 20 % der Wohnungen für Ausländer zur Verfügung stehen.
  • Vergabe von Sozialwohnungen an Ausländer gemäß ihrem Bevölkerungsanteil.
  • Rechenschaft über die Verwendung der Vermittlungsgebühren.
  • Bessere Überwachung der Wohnungen seitens der Ordnungsämter.

2.4 Kirchen.

  • Bereitstellung von Mitteln zum Bau von Ausländerwohnungen.
  • Fortsetzung des bisherigen Bauprogramms für Ausländer von seiten der Diözese Limburg.
  • Nutzungsverträge des Caritasverbandes mit Hauseigentümern zur Vermietung von Wohnungen an Gastarbeiter.
  • Aufdeckung von Wohnungsmißständen bei Ausländern durch die Pfarreien.

CARITASTAG 1973
CARITAS INTERNATIONAL

Arbeitskreise G

Thema

AUSLÄNDER IN DEN PFARREIEN -
FREMDE ODER FREUNDE?

Schlaglicht

Ivo Hladek, Sozialberater in Frankfurt: In der Pfarrei, wo er seit acht Jahren wohnt, hat er beim Gottesdienst nur einmal etwas über Ausländer gehört. Das war am "Tag des ausländischen Mitbürgers" 1970. Wichtige Ergänzung: Die Anregung hierzu hatte Herr Hladek selbst gegeben.

Hintergrund

13 % der Katholiken des Bistums Limburg sind Ausländer. In manchen Pfarreien stellen sie ein Viertel der Gemeindemitglieder.

"Die Kälte in den menschlichen Beziehungen ist vielleicht für Ausländer das Schwerste, was sie hier zu ertragen haben. Sie kommen selbst aus meist ländlichen Kulturen, in denen Gastfreundschaft und eine besonders intensive Kommunikation zum Alltag und besonders zur Freizeit gehören."

"In der deutschen Bevölkerung besteht kaum eine Kommunikation zwischen Mitbürgern im Wohnblock oder in der Nachbarschaft. Wie soll sie zwischen Ausländern und Deutschen funktionieren?"

"Vorläufig sieht es so aus, als ob die Kommunikationsstörung innerhalb der Kirchengemeinden und besonders zur Arbeitswelt eine nicht überschreitbare Barriere darstellen."

PFR. MICKSCH , KIRCHLICHES AUSSENAMT DER EKD

Forderungen

Die Eingliederung der ausländischen Arbeitnehmer kann nicht allein Aufgabe des Staates sein; sie ist Sache aller Gruppen der Gesellschaft.

BUNDESMINISTERIUM FÜR ARBEIT UND SOZIALORDNUNG

An die Mitarbeiter und Helfer der Caritas, sowie an alle katholischen Gemeinden, Gemeinschaften und Verbände appelliert der Deutsche Caritas-Verband, daß sich alle für die ausländischen Arbeitnehmer und ihre Familien stärker engagieren, zu ihrem Anwalt werden und sie als gleichberechtigte Bürger annehmen.

DEUTSCHER CARITAS-VERBAND

Die deutschen Pfarreien können fast alles für die Ausländer tun.

PFR. BEGIC , KROATISCHE GEMEINDE, FRANKFURT

Man sollte mit den Ausländern, vor allem mit den ausländischen Familien, Direktkontakt aufnehmen durch Mitglieder des Pfarrgemeinderates oder der Gemeinde. Noch besser wäre es, wenn sich hierbei auch engagierte Ausländer beteiligten. Wenn nach diesem Kontakt einige Ausländer bereit sind etwas für ihre Landsleute zu tun, könnten sie sich mit den Deutschen treffen, um zu sehen, was am Ort erforderlich ist.

PFR. COTELLI, ITALIENISCHE GEMEINDE, FARNKFURT

Stellungnahme

Welche Forderung muß vordringlich erhoben werden?

Was können Bistum, Caritas-Verband und Pfarreien zur Veränderung der Situation tun?

Auswertung der Arbeitskreise

1. Beruteilung der Situation, Erfahrungen

1.1 Einbeziehungen der Ausländer in die Arbeit

Die Arbeit der Pfarrgemeinde sollte mit den Ausländern und nicht nur für die Ausländer durchgeführt werden. D.h. die Ausländer nehmen von Anfang an allen Überlegungen teil. Dabei werden die Bedürfnisse am Ort geklärt und entsprechende Angebote unterbreitet.

1.2 Informationsveranstaltungen

Empfehlenswert sind Informationsveranstaltungen, bei denen die deutschen Gemeindeglieder über die Länder, die Mentalität, die Gebräuche und die Sitten der Ausländer informiert werden.

Umgekehrt sollte versucht werden, Veranstaltungen durchzuführen, bei denen die Ausländer wichtige Informationen für ihr Leben in Deutschland erhalten.

1.3 Kontaktmöglichkeiten

Fast jeder hat in seiner unmittelbaren Nachbarschaft Ausländer als Wohnungsnachbarn. Viele begegnen Ausländern am Arbeitsplatz. Hier bieten sich Möglichkeiten zur persönlichen Ansprache.

Es ist gut denkbar, daß eine Pfarrgemeinde über bestimmte Kontaktpersonen - wie die Gemeindeschwester und die Kindergärtnerin - gute Beziehungen zu den Ausländern aufnimmt.

1.4 Schulbildung der Kinder

Die Durchführung der Hausaufgabenhilfe wäre eine gute Möglichkeit für die Pfarrgemeinde aktiv zu werden. Gerade über die Kinder und ihre Probleme lässt sich leicht die Verbindung zu den Erwachsenen herstellen. Dabei könnten auch deutsche Mütter, wenn sie die Hausaufgaben ihrer Kinder betreuen, ausländische Klassenkameraden hinzunehmen.

1.5 Informationsblatt

Es wäre anzustreben, daß jedem neu zugezogenen Ausländer bei dessen Besuch eine Übersicht in seiner Muttersprache überreicht wird. Dieses Informationsblatt könnte folgendes enthalten: Die Anschriften des zuständigen Sozialberaters, des zuständigen deutschen und ausländischen Pfarramtes, der Gemeindeschwester, des Kindergartens, der Schule, des nächsten Krankenhauses usw..

1.6 Vermittlung von Möbeln und Kleidung

2. Forderungen

2.1 Kirche

  • Einsatz von qualifizierten Sozialberatern möglichst in allen Gebieten.
  • Wohnungsbau für Ausländer durch die kirchlichen Bauträger.
  • Durchführung des "Tages des ausländischen Mitbürgers", wenigstens einmal im Jahr.
  • Vollständige Verwendung der durch die Ausländer aufgebrachten Kirchensteuermittel für die Ausländerarbeit.

2.2 Pfarrei

  • Politische Einflußnahme der Pfarrei auf die Änderung des Gesetzes zur Familienzusammenführung.
  • Ausreichende Aufnahme von Ausländerkindern in die Kindergärten; dabei die Einrichtung von Tagesplätzen (Die Forderung des Diözesan-Synodalrates, daß jedes ausländische Kind vor der Einschulung wenigstens ein Jahr einen deutschen Kindergarten besuchen soll, wird als Minimalforderung angesehen).
  • Überlassung der pfarreigenen Räume, die häufig leer stehen, für Veranstaltungen und regelmäßige Treffen der Ausländer.
  • Ein verstärktes Angebot von Beratungen durch die Sozialberater an verschiedenen Orten in den Gemeindezentren.

2.3 Jeder Einzelne

  • Die Ausländerarbeit darf nicht nur den "Funktionären" überlassen werden. Jedes einzelne Gemeindemitglied ist aufgefordert, sich um die Verbesserung der Situation der Ausländer einzusetzen.