1.
DIE NOTWENDIGKEIT EINER STELLUNGNAHME
1.1
Der Initiativausschuß "Ausländische Mitbürger in Hessen" hat Kenntnis von einem
Papier des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 11.8.1976 unter dem Aktenzeichen
II c 1 - 24200/22 erhalten. (1)
1.2
Dieses Papier ist das Ergebnis einer Sitzung der Bund-Länder Kommission vom 4.August 1976.
Es enthält Anregungen zu dem Zweck, "eine zwischen Bund, Ländern und Sozialpartnern
abgestimmte umfassende Konzeption für Ausländerbeschäftigung, insbesondere zu den
Fragen des Familiennachzugs, Aufenthaltsrechts, einer künftigen Anwerbepolitik, der sozialen
Integration sowie der Rückwanderung fortzuentwickeln."
1.3
Die in dem Papier niedergelegten Vorstellungen zeigen mit kaum zu überbietender Deutlichkeit,
daß Bund und Länder das von ihnen lange Zeit - zumindest verbal - vertretene Konzept
der Integration der ausländischen Arbeiter in die bundesrepublikanische Gesellschaft preisgeben.
1.4
Grundelemente einer Integrationspolitik wären die Sicherung des Aufenthaltes und des Familiennachzuges
für die ausländischen Arbeiter. Erst wenn den ausländischen Arbeitern, die für
eine Arbeit in der Bundesrepublik angeworben worden sind, das Recht zugestanden würde, zusammen
mit ihren Familien auf Dauer in der Bundesrepublik zu bleiben, wären die Voraussetzungen
dafür geschaffen, daß sie gleichberechtigt in dieser Gesellschaft leben.
1.5
Gerade diese beiden Hauptpfeiler einer Integrationspolitik (Ausbau des Aufenthaltsrechtes und
Gewährleistung des Familiennachzuges) aber werden durch die von der Bund-Länder-Kommission
am 4.8.1976 erarbeiteten Anregungen ins Wanken gebracht:
- DER AUFENTHALT DER AUSLÄNDISCHEN ARBEITER IN DER BUNDESREPUBLIK SOLL NICHT SICHERER
SONDERN UNSICHERER GEMACHT WERDEN.
- DER FAMILIENNACHZUG FÜR DIE AUSLÄNDISCHEN ARBEITER SOLL NICHT GEFÖRDERT, SONDERN
GANZ IM GEGENTEIL ENTSCHEIDEND ERSCHWERT BZW. GANZ UNMÖGLICH GEMACHT WERDEN.
2. DER AUFENTHALT SOLL UNSICHERER
WERDEN
2.1
Die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis soll in Zukunft von der Erfüllung bestimmter
im Vergleich zur bisherigen Regelung neuartiger Auflagen abhängig gemacht werden können.
Solche Auflagen sind:
2.1.1
Der Nachweis von Sprachkenntnissen, möglicherweise in Gestalt eines bundeseinheitlichen Zertifikats.
Diese Auflage muß insofern als eindeutig restriktiv angesehen werden, als
mit keinem Wort erwähnt wird, auf welchem Wege sich die Ausländer, die in unserer Gesellschaft
oft in größter Isolierung zu leben gezwungen sind, die nötigen Sprachkenntnisse
erwerben können.
Im Aktionsprogramm der Bundesregierung zur Ausländerbe-schäftigung vom
6. Juni 1973 ist immerhin noch davon die Rede, daß die Überschüsse aus der Vermittlungsgebühr
und die mögliche Einführung einer Wirtschaftsabgabe zur Finanzierung von Eingliederungshilfen,
wie z.B. zu sprachlichen Bildungsmaßnahmen verwendet werden sollen. Von solchen Hilfen findet
sich in Papier der Bund-Länder-Kommission kein Wort.
Man kann sich des Eindruckes nicht erwehren, daß mit der Auflage, Sprachkenntnisse
nachzuweisen, bei den Ausländern nie die Erlernung der deutschen Sprache gefördert,
sondern vielmehr den Behörden ein Mittel an die Hand gegeben werden soll,_ durch das sie
den Ausländern die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagen können.
Es stellt eine unerträgliche Zumutung für die Ausländer dar, wenn
sie zusätzlich zu ihrer Angst um den für ihr Verbleiben in der Bundesrepublik existenznotwendigen
Arbeitsplatz nun auch noch in eine Art Schulangst getrieben werden.
2.1.2
Der für jede Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu erbringende Nachweis angemessenen
Wohnraums.
Angesichts der Tatsache, daß die Ausländer wegen der stark Vorurteile
vieler deutscher Wohnungsvermieter ihnen gegenüber größte Schwierigkeiten haben,
angemessenen Wohnraum zu finden, muß auch diese Maßnahme als ein Instrument angesehen
werden, mit dem den Ausländern die Erlangung einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis
erschwert werden soll.
Eine von Jahr zu Jahr neu vorgenommene aufenthaltsbedrohende Überprüfung
des Wohnraumes bringt für die Ausländer eine weitere Steigerung ihrer Existenzangst
mit sich.
Ausländerfreundliche Erwägungen, wie durch Förderungsprogramme die
Wohnsituation der Ausländer verbessert werden könnte, finden sich in dem Papier nicht.
Alle Aussagen des Papiers zum Wohnungsbereich betreffen nie die Fragen der Hilfen zur Beschaffung
von Wohnraum für Ausländer, sondern ausschließlich Fragen der Wohnungsaufsicht
und -überwachung.
2.2
Von einer arbeitsrechtlichen Neuregelung, die schwerwiegende Konsequenzen für den Bereich
des Aufenthaltsrechtes hat, sind diejenigen jugendlichen Ausländer betroffen, die mit ihren
Familien hier leben und die gezwungen sind, außerhalb der Bundesrepublik ihren Wehrdienst
abzuleisten.
Bisher konnten sie nach Beendigung ihrer Militärzeit bei Nachweis einer Arbeitsstelle
bei der Firma, bei der sie vor Antritt ihres Militärdienstes gearbeitet hatten, wieder eine
Arbeitserlaubnis und damit auch eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.
Jetzt soll ihnen bei der Rückkehr die Arbeitserlaubnis versagt werden. Dies
führt dazu, daß die Familie über einen Notariatsvertrag die Kosten der Lebenshaltung
(und eventuell anfallende Krankenhauskosten) in einer unzumutbaren Höhe übernehmen muß.
Kann sie dies nicht, so erhält der Betroffene von der Ausländerbehörde keine Aufenthaltserlaubnis.
Auch diese Maßnahme macht deutlich, daß Bund und Länder nicht mehr
gewillt sind, die Integration ausländischer Arbeiter in die westdeutsche Gesellschaft zu
fördern. Im Gegenteil, die Integration wird mit allen nur möglichen Mitteln behindert
und bei dem Personenkreis der Wehrpflichtigen, die ohne eigenes Verschulden zu einer Unterbrechung
ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik gezwungen sind, unmöglich gemacht.
3. DER FAMILIENNACHZUG WIRD EINGESCHRÄNKT
Der Familiennachzug, einer der tragenden Pfeiler jeglicher Integrationspolitik,
soll durch folgende Maßnahmen behindert werden:
3.1
In dem Papier der Bund-Länder-Kommission wird erwogen, den Familiennachzug nur solchen Ausländern
zu gewähren, die eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis haben.
Die Verwirklichung dieses Gedankens würde bedeuten, daß dem größten
Teil der ausländischen Arbeiter der Familiennachzug verwehrt würde.
Bereits bei der Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis prüft die Ausländerbehörde,
ob durch die weitere Anwesenheit des Ausländers, die nicht näher definierten "Belange
der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt werden".
Die Erteilung einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis kommt im allgemeinen nur
in Betracht für Ausländer, bei denen besondere schutzwürdige Bindungen persönlicher,
wirtschaftlicher und sonstiger Art im Bundesgebiet bestehen. Ein längerer rechtmäßiger
Aufenthalt und einwandfreies Verhalten des Ausländers reichen für sich allein nicht
aus, eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis zu erhalten.
Die Gewährung des Familiennachzugs an die unbefristete Aufenthaltserlaubnis
des ausländischen Arbeiters binden, bedeutet für viele Ausländer ein Verbot des
Familiennachzugs.
3.2
Dem Nachzug ausländischer Jugendlicher zu ihren in der Bundesrepublik lebenden Eltern sollen
schwere Riegel vorgeschoben werden.
Geradezu zynisch ist die Aussage, daß 16-18jährige Familienangehörige
nur nachreisen dürfen, wenn sie einen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz nachweisen können.
Dies heißt, daß überhaupt kein Jugendlicher dieser Altersgruppe
zu seinen Eltern nachkommen darf, da laut Erlaß der Bundesanstalt für Arbeit vom 13.11.1974
ausländische Jugendliche, die nach dem 1.12.1974 in die Bundesrepublik einreisen, grundsätzlich
keine Arbeitserlaubnis erhalten.
Selbst wenn diese Erlaßbestimmung aufgegeben werden sollte, worauf der Abschnitt
II 4 des Papiers hinzudeuten scheint, werden die wenigsten Jugendlichen dieser Altersgruppe bei
ihren Eltern in der Bundesrepublik wohnen können, da es angesichts der angespannten Lage
auf dem Arbeitsmarkt und dem Berufsausbildungssektor für ausländische Jugendliche äußerst
schwierig, wenn nicht unmöglich sein wird, einen für die Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis
erforderlichen Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz nachzuweisen.
3.3
Selbst 10-14jährige ausländische Kinder sollen nicht zu ihren Eltern in die Bundesrepublik
nachkommen dürfen; denn etwa auf dieser Altersstufe befinden sich - je nach den heimatlichen
Schulgesetzen - diejenigen Jugendlichen, denen die Einreise in die Bundesrepublik verwehrt werden
soll, weil sie im Heimatland zwei Jahre und weniger vor dem Schulabschluß stehen.
3.4
Der Familiennachzug in sogenannte überlastete Siedlungsgebiete soll gedrosselt werden, d.h.
einem großen Teil der ausländischen Arbeiter, die in solcherart deklarierten Regionen
leben, soll es verboten werden, mit ihren Familien zusammenzuleben.
3.5
Schließlich soll vor Genehmigung des Familiennachzuges eine obligatorische Beratung stattfinden.
Im Hinblick auf alle Einschränkungen, denen der Familiennachzug unterworfen
werden soll, läßt sich vorstellen, wie eine solche Beratung gedacht ist. Es soll im
Grunde von einem Familiennachzug abgeraten werden.
3.6
Über die in den verschiedenen ausländerrechtlichen Bestimmungen bereits enthaltenen
grundgesetzlichen Einschränkungen hinaus, ist offenkundig, daß der Artikel 6 des Grundgesetzes
für die Ausländer außer Kraft gesetzt werden soll.
Dieser Artikel besagt:
" (1) Ehe und Familie stehen unter dem Schutz der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern
und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche
Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen des Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur aufgrund
eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn
die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.
(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft."
Bund und Länder wollen offensichtlich den Ausländern den grundgesetzlich
garantierten Schutz von Ehe und Familie vorenthalten. Deutlicher kann die Diskriminierung der
Ausländer kaum zum Ausdruck kommen. Was für Deutsche selbstverständlich ist: das
Zusammenleben mit Frau und Kindern, will man Ausländern versagen.
Dies alles ist so unglaublich, daß die Feder sich sträubt, es niederzuschreiben.
4. BERUFLICHE BILDUNG NUR FÜR WENIGE
4.1
Die in dem Papier der Bund-Länder-Kommission niedergelegten Anregungen markieren einen gewissen
Höhepunkt in dem seit Herbst 1973 zu beobachtenden Trend der bundesrepublikanischen Ausländerpolitik,
der als deutliche Abkehr vom Konzept der Integration zu kennzeichnen ist.
Zwar finden sich in dem Papier Aussagen über soziale Integration z.B. durch
Förderung der beruflichen Ausbildung, Weiterbildung und Umschulung nach dem AFG.
Aber diese hier proklamierten Maßnahmen kämen - gemäß den
Vorstellungen des Papiers - nur einem verschwindend kleinen Teil der ausländischen Arbeiter
zugute. Aber selbst bei ihnen soll ihre berufliche Bildung nicht so sehr ihrer Integration in
unsere Gesellschaft dienen, sondern sie sollte nach Abschnitt II 8. "so ausgerichtet werden, daß
dadurch die Rückkehrbereitschaft der Ausländer gefördert wird".
4.2
Wo die Aussagen über die berufliche Bildung auf die Situation in der Bundesrepublik orientiert
sind, sind sie von der überaus diskriminierenden Anregung gekennzeichnet, daß ausländischen
Jugendlichen die Möglichkeit eröffnet werden sollte, eine berufliche Bildung in jenen
Wirtschaftsbereichen aufzunehmen, die in besonderem Maße auf die Beschäftigung von Ausländern
angewiesen sind. Diejenigen Ausländer also, denen eine Chance für eine Integration in
unsere Gesellschaft gegeben werden soll, sollen auf jene wirtschaftlichen und sozialen Bereiche
fixiert bleiben, aus denen sich die Deutschen herauslösen. Eine Gesellschaft mit apartheidhaften
Zügen kommt hier ins Blickfeld.
5. ZUSAMMENFASSENDE BEURTEILUNG
Die Fortentwicklung der Ausländerbeschäftigungspolitik - mit diesem Titel
ist das Papier der Bund-Länder-Kommission überschrieben - kann also gekennzeichnet werden
durch Fortentwicklung des Abbaus der Rechte der ausländischen Arbeiter in der Bundesrepublik,
wie er seit dem Herbst 1973 (dem Beginn der Rezession) erkennbar ist. In unverhüllt brutaler
Weise werden die ausländischen Arbeiter als bloße Arbeitskräfte und nicht als
Menschen behandelt.
Dagegen sind folgende Forderungen zu erheben:
6. FORDERUNGEN AN EINE KÜNFTIGE
AUSLÄNDERPOLITIK
6.1 Grundsätzliches
6.1.1
Folgende Fakten sind anzuerkennen:
Seit mehr als zwanzig Jahren sind in der Bundesrepublik Deutschland ausländische
Arbeiter beschäftigt.
Mehr als eine Million Kinder und Jugendliche dieser Arbeiter sind hier geboren worden
bzw. aufgewachsen.
Damit ist die Bundesrepublik entgegen ursprünglicher Vorstellungen faktisch
zu einem Einwanderungsland geworden.
6.1.2
Daher gibt es keine vernünftige Alternative zum Angebot einer vollen gesellschaftlichen (nicht
nur arbeits- und sozialrechtlichen) Eingliederung und Gleichstellung der ausländischen Bevölkerung.
(2)
6.1.3
Die nichtdeutsche Wohnbevölkerung ist als gleichberechtigter Teil der gesamten Bevölkerung
und die nichtdeutschen Arbeitnehmer als gleichberechtigter Teil der Arbeiterschaft anzusehen.
6.1.4
Die Integrationswilligkeit und die Integrationsfähigkeit sind zu fördern. (2)
6.1.5
"Maßnahmen, die die Rückkehrbereitschaft der ausländischen Wohnbevölkerung
aufrechterhalten sollen", beeinträchtigen auf schädliche Weise den Integrationsprozeß.
6.1.6
Erfolg bei Integrationsmaßnahmen, vor allem im schulischen Bereich und auf dem Wohnungssektor,
ist unmittelbar abhängig von der Absicherung des aufenthaltsrechtlichen Status der ausländischen
Wohnbevölkerung.
6.1.7
Die Bundesregierung soll Teil II der "Konvention über Mißbräuche bei Wanderungen
und die Förderung der Chancengleichheit und Gleichbehandlung der Wanderarbeitnehmer" der
Internationalen Arbeitskonferenz, Genf ratifizieren. Darin heißt es:
"Jedes Mitglied, für das dieses Übereinkommen in Kraft ist, verpflichtet
sich, eine innerstaatliche Politik festzulegen und zu verfolgen, die darauf gerichtet ist, mit
den innerstaatlichen Verhältnissen und Gepflogenheiten entsprechende Methoden die Chancengleichheit
und Gleichbehandlung in Bezug auf Beschäftigung und Beruf, soziale Sicherheit, gewerkschaftliche
und kulturelle Rechte sowie individueller und kollektiver Freiheiten für Personen, die
sich rechtmäßig als Wanderarbeitnehmer oder als deren Familienangehörige in
seinem Hoheitsgebiet aufhalten, zu fördern und zu garantieren."
6.2 Rechtsstatus
6,2.1
Das Ausländergesetz ist so zu fassen, daß es den ausländischen Arbeitern die Möglichkeit
bietet, über die Dauer ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik selbst zu entscheiden.
6.2.2
Nach fünfjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet soll Ausländern das Recht auf eine
unbefristete Aufenthaltserlaubnis bzw. eine Aufenthaltsberechtigung gewährt werden.
6.2.3
Die politische Mitwirkung der Ausländer nach fünfjährigem Aufenthalt in der Bundesrepublik
ist im ersten Schritt durch ein Kommunalwahlrecht zu ermöglichen.
6.3 Arbeit
6.3.1
Die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer ist alsj wesentlicher Bestandteil einer
internationalen Strukturpolitik zu werten, die darauf ausgerichtet sein muß, die Ungerechtigkeiten
und Nachteile zu überwinden, die sich aus dem wirtschaftlichen Gefälle ergeben.
6.3.2
Die staatlichen Bemühungen, Arbeit für alle zu ermöglichen müssen verstärkt
werden unter Einbeziehung der nichtdeutschen Arbeiter. (2)
6.3.3
Gemäß der KSZE-Schlußakte von Helsinki "sollen die Wanderarbeiter die gleichen
Möglichkeiten wie die Bürger der Gastländer haben, im Falle der Arbeitslosigkeit
anderweitig passende Beschäftigung zu finden."
6.3.4
Es sind die gesetzlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß nach fünfjährigem
Aufenthalt ein ausländischer Arbeitnehmer, und nach erfolgter Familienzusammenführung
auch seine Familienangehörigen (diese unabhängig von der 5-Jahresfrist), unter den gleichen
Bedingungen in Arbeit vermittelt werden wie Deutsche.
6.3.5
In bestehende Arbeitsverhältnisse wird administrativ nicht mehr eingegriffen.
6.3.6
Den nichtdeutschen Arbeitern wird nach Auslaufen des Bezugs von Arbeitslosengeld unbefristet Arbeitslosenhilfe
gewährt.
6.3.7
Die nichtdeutschen Arbeiter und vor allem auch die Jugendlichen werden in die allgemeinen Programme
zur Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen und zur Arbeitsplatzsicherung einbezogen.
6.4 Schule, Ausbildung
6.4.1
Gemäß KSZE ist "sicherzustellen, daß die im Aufnahmeland lebenden Kinder von
Wanderarbeitern unter den gleichen Bedingungen wie die Kinder dieses Landes Zugang zum dort üblichen
Unterricht haben und zu gestatten, daß sie darüber hinaus in ihrer eigenen Sprache,
Kultur, Geschichte und Geographie unterrichtet werden."
6.4.2
Gegen Trends zur "Nationalschule" bzw. zu nationalen Übergangsklassen soll die Integration
der Kinder ausländischer Arbeitnehmer in die deutsche Schule gefördert werden. (2)
6.4.3
Jugendliche Ausländer werden in alle Ausbildungsförderungsmaßnahmen wirkungsvoll
einbezogen.
6.4.4
Ausländischen Arbeitnehmern sind gleichermaßen Chancen zu eröffnen, die ihnen
die Teilnahme an allgemeinen und beruflichen Bildungsmaßnahmen ermöglichen. (2)
6,,4.5
Nach KSZE soll "Wanderarbeitern eine berufliche Bildung, und soweit möglich, kostenloser
Unterricht in der Sprache des Gastlandes im Rahmen ihrer Beschäftigung zuteil werden."
6.5 Familienzusammenführung
6.5.1
Gemäß KSZE soll "soweit wie möglich die Vereinigung der Wanderarbeiter mit ihren
Familien gefördert werden."
6.5.2
Der Schutz der Familie, den das Grundgesetz garantiert, verbietet es, einen Familiennachzug, auch
in sogenannte überlastete Siedlungsgebiete, zu verhindern.
6.6 Zuzugsbeschränkung
6.6
Die für Ausländer geltende Zuzugsbeschränkung in sogenannte überlastete Siedlungsgebiete
wird im Rahmen eines allgemeinen Konzepts zur Verhinderung der Abwanderung aus den Großstädten
aufgehoben.
Anmerkungen:
(1) Materialdienst Nr. 76/129 Initiativausschuß "Ausländische Mitbürger
in Hessen"
(2) vgl. Entschließung des Hessischen Landesausschusses beim Sozialministerium
zur sozialen Integration der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen
vom 15.9.1976, Materialdienst Nr. 76/73
Dieses Argumentationspapier kann ganz oder auszugsweise, mit oder
ohne Quellenangabe übernommen und ausgewertet werden. |