Herbert Leuninger ARCHIV MIGRATION
1978


Schreiben vom 19. 12. 1978

INHALT
Arbeitserlaubnis für nachgereiste Jugendliche und volles Kindergeld für Kinder im Heimatland


Konferenz der Caritasverbände in Hessen
625 Limnburg a. d. Lahn - Postfach 108


19.12.1978

Herrn
Otto Zink MdB
Wartburgweg 1
6090 Rüsselsheim

 

Sehr geehrter Herr Zink!

Sie haben mit Kollegen Ihrer Fraktion (Anm.: CDU) einen Antrag im Bundestag eingebracht, daß die nach dem 31.12.1976 eingereisten Kinder ausländischer Arbeitnehmer eine Arbeitserlaubnis erhalten können. Mit der bestehenden Stichtagsregelung ist es ihnen verwehrt, einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz zu erhalten. Ihr Antrag entspricht auch unseren familien- und jugendpolitischen Vorstellungen, und wir begrüßen Ihren diesbezüglichen Einsatz für die nichtdeutschen Jugendlichen.

Gleichzeitig muß ich aber feststellen, daß wir eine rechtliche Verschlechterung für die ausländischen Arbeitnehmer verschlafen haben, die mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Bundeskindergeldgesetzes vom 14. November 1978 stillschweigend über die Bühne gegangen ist. Danach entfällt der bisherige Rechtsanspruch ausländischer Eltern, die 15 Jahre in der Bundesrepublik wohnen, für ihre Kinder im Heimatland die gleichen Kindergeldbeträge zu erhalten. Dies ist seit 1975 die zweite Schlechterstellung für ausländische Arbeitnehmer in Sachen Kindergeld. Damals hatte der Bundestag gegen den Protest der Betroffenen, der Kirchen und Wohlfahrtsverbände beschlossen, daß für die Kinder ausländischer Arbeitnehmer, die nicht in der Bundesrepublik leben, weitaus geringeres Kindergeld gezahlt wird.

Wir können beide Regelungen nicht akzeptieren, da sie familienpolitisch höchst bedenklich sind. Außerdem weisen wir darauf hin, daß die ausländischen Arbeitnehmer die gleichen steuerlichen Lasten tragen, daß aber die Bundesrepublik aus der Tatsache, daß hunderttausende Kinder ausländischer Arbeitnehmer nicht in der Bundesrepublik wohnen, erhebliche Steuermittel für Kindergärten, Schulen und die sonstige Infrastruktur spart.

Ich bitte Sie, bei der nächstmöglichen Gesetzesänderung auf eine rechtliche Gleichstellung der ausländischen Arbeitnehmer in der Zahlung von Kindergeld einzuwirken.

Mit den besten Wünschen für ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gutes Neues Jahr grüßt Sie freundlich,

i.A.
Herbert Leuninger, Pfr. (1)


(1)
Herbert Leuninger war als Ausländerreferent Mitglied der Konferenz der Caritasverbände in Hessen