Herbert Leuninger

ARCHIV MIGRATION
betrifft Kindergarten
Generation der Hoffnungslosigkeit?
Politische Verantwortung für ausländische Familien

INHALT

Auf die Frage „Als was fühlen Sie sich eigentlich, als Deutsche oder als Spanierin?“, antwortete die 18jährige in perfektem Deutsch: „ Ich bin weder eine Deutsche noch eine Spanierin!“ „Was sind Sie denn?“ „ Ein Mischmasch!“ Was für das Mädchen ungeklärt ist, bereitet seinen Eltern kein Problem. Sie sind Spanier und sie fühlen sich selbst nach langen Jahren der Auswanderung weiterhin als solche. Auch ihre Tochter betrachten sie selbstverständlich als Spanierin, selbst wenn sie bereits als kleines Mädchen nach Deutschland gekommen ist and in einer deutschen Umgebung groß wurde. Für Ester P. allerdings ist Spanien nur noch ein interessantes Urlaubsland.

So wie Ester geht es Hunderttausenden junger Menschen, deren Eltern aus Italien, Jugoslawien, Griechenland, aus der Türkei, Portugal and eben auch aus Spanien stammen. Mehr als eine Million von ihnen ist inzwischen in der Bundesrepublik geboren worden, bzw. aufgewachsen. Die Bundesrepublik ist ihre Heimat, wahrend die Heimat ihrer Eltern and Großeltern für sie Fremde bedeutet. Diese Generation, man nennt sie die zweite oder auch dritte Generation der eingewanderten ausländischen Arbeitnehmer, lebt in Deutschland ohne eigene Identität. Die Kinder and Jugendlichen wissen im Grunde nicht, wohin sie gehören. Das unterscheidet sie wesentlich von der ersten Generation. Diese ist nach Deutschland gekommen in der Absicht, in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld zu verdienen. Dann wollte man in die Heimat zurückgehen in der Erwartung, sich eine sichere Existenz mit dem gesparten Geld schaffen zu können. Der nur für eine begrenzte Zeit geplante Aufenthalt im Ausland ist aber inzwischen immer länger geworden; die Frauen sind mit den Kindern nachgereist; schließlich wurden immer mehr Kinder hier geboren. Jetzt sind es jährlich zwischen 80 und 100.000.

Die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer

Die Politiker hatten ebenfalls eine andere Vorstellung, als sie dem Drängen der Wirtschaft nachgaben und ausländische Arbeitnehmer in Ländern mit hoher Arbeitslosigkeit rekrutieren ließen. Im Wirtschaftsaufschwung waren Mitte der fünfziger Jahre die Arbeitskräfte knapp geworden. So sandte die Bundesanstalt für Arbeit besondere Kommissionen ins Ausland, um unzählige junge, kräftige und gesunde Männer und Frauen für die deutsche Wirtschaft zu gewinnen. Sie wurden vornehmlich dort eingesetzt, wo deutsche Arbeitskräfte nicht mehr zur Verfügung standen: bei schweren, schlechtbezahlten und ungesunden Arbeiten, in Bereichen mit Fließband-, Schicht-, und Wochenendarbeit. Politiker und Wirtschaftler dachten damals, daß die fleißigen und sparsamen Ausländer nur vorübergehend hier verblieben, um durch einen nie versiegenden Nachschub ersetzt zu werden. Schließlich waren im September 1973, dem Höhepunkt der Ausländerbeschäftigung, 2,6 Millionen Arbeitnehmer aus den verschiedensten Ländern bei uns tätig.

Die Ausländer in der Rezession

Dann setzte die Wirtschaftskrise mit anhaltender Arbeitslosigkeit ein. Die Bundesregierung verhängte einen Anwerbestopp und ließ die Arbeitsämter anweisen, hier bereits tätige nichtdeutsche Arbeitnehmer nur dann noch in neue Arbeit zu vermitteln bzw. ihre Arbeitserlaubnis zu verlängern, wenn hierfür keine Deutschen oder ihnen gleichgestellte ausländische Arbeitnehmer mehr zur Verfügung stehen. Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgeber gaben an, daß mit dem Rückgang der Ausländerbeschäftigung auch das Arbeitslosenproblem besser bewältigt werden könne. Tatsächlich ging die Ausländerbeschäftigung immer mehr zurück, so daß im September 1977 nur noch 1,9 Millionen - d. h. 700 000 weniger als 4 Jahre zuvor - beschäftigt waren. Gemessen an der hohen Arbeitslosigkeit, die im April 1978 bei einer Million lag, ist die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer immer noch relativ hoch. Sie sind auf vielen Sektoren wie Bau, Gaststätten, Gießereien etc. unersetzbar und haben sich vor allem mit ihren Familien weitgehend integriert.

Die Bundesrepublik (k)ein Einwanderungsland

Wir stehen nach mehr als zwei Jahrzehnten Ausländerbeschäftigung vor einem überraschenden Phänomen. Die Beschäftigung nichtdeutscher Arbeiter ist von 1973 bis 1977 um 27% zurückgegangen. Dennoch befinden sich - gegenüber 1973 - nur unwesentlich weniger Ausländer in der Bundesrepublik. Die sich weiter fortsetzende Zusammenführung der Familien und die Geburten nichtdeutscher Kinder sind dafür verantwortlich, daß die ausländische Wohnbevölkerung bei etwa 4 Millionen liegt. 75% von ihr stammt aus den klassischen Anwerbeländern. Diese Entwicklung paßt den Regierungen von Bund und Ländern nicht ins Konzept. Bis auf den heutigen Tag gilt die Bundesrepublik nicht als Einwanderungsland. Sie versteht sich - so sagt es ein neues Konzept zur Ausländerbeschäftigungspolitik – „als ein Aufnahmeland für Ausländer, die in der Regel nach einem mehr oder weniger langen Aufenthalt aus eigenem Entschluß in ihre Heimat zurückkehren“. In Wirklichkeit kann man aber davon ausgehen, daß ein großer Teil der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Angehörigen hier ansässig geworden ist. Das Statistische Landesamt von Baden-Württemberg geht davon aus, daß 85% der ausländischen Arbeiterbevölkerung auf Dauer hier bleiben will. Offiziell vertritt das Land Baden-Württemberg, das sich sehr für eine Rückkehrforderung der Ausländer einsetzt, die Auffassung, daß 40% der Ausländer als ansässig bezeichnet werden können. Eine Untersuchung der Stadt Köln geht in ähnlicher Weise davon aus, daß 70% der Arbeiterbevölkerung nichtdeutscher Herkunft in der Bundesrepublik bleiben wird, obwohl sie dies eigentlich nicht geplant hatte.

Schon im Jahre 1971 hat der Zentralrat des Deutschen Caritasverbandes in einer Erklärung festgestellt: „Allein von den italienischen und spanischen Familien sind mehr als die Hälfte länger als 5 Jahre hier. Damit ist die Bundesrepublik faktisch ein Einwanderungsland geworden. Dieser vom Staat nicht berücksichtigte Tatbestand hat zu Unzulänglichkeiten und Mißständen geführt, die nicht langer hingenommen werden können.“ Der Auffassung, daß die Bundesrepublik faktisch zum Einwanderungsland geworden ist, hat sich 1973 die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik angeschlossen und entsprechende Konsequenzen gefordert. Nach wie vor mochte aber die Mehrheit der Politiker die „Rückkehrbereitschaft und die Rückkehrfähigkeit der in der Bundesrepublik lebenden ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familien verstärken“. Hier versucht die Politik gegen die Realitäten anzugehen, während die Kirchen und die Wohlfahrtsverbände sich ihr stellen und aus humanen und christlichen Gründen für eine konsequente Integration der Wohnbevölkerung nichtdeutscher Herkunft eintreten. Sie setzen sich vor allem dafür ein, daß der aufenthaltsrechtliche Status der ausländischen Arbeitnehmer und ihrer Familien verbessert und ihnen vor allem das Recht auf Daueraufenthalt eingeräumt wird.

Eine halbherzige Integrationspolitik

Die bisherige halbherzige Integrationspolitik hat katastrophale Auswirkungen für die Kinder und für die Jugendlichen der nichtdeutschen Bevölkerung. Eingliederungsschwierigkeiten, die bei jeder Einwanderung auftreten, werden verschärft. So ergibt sich für die Bundesrepublik folgendes Bild: Mindestens 20%, vielleicht in manchen Gebieten sogar 30% der schulpflichtigen Nichtdeutschen besuchen &xnbsp;überhaupt keine Schule. 60% von denen, die in die Schule gehen, erreichen - vor allem wegen der mangelnden Beherrschung der deutschen Sprache - keinen Hauptschulabschluß. Zehntausende werden in Ghettoklassen und -Schulen unzulänglich unterrichtet und bleiben Analphabeten in zwei Sprachen. Höchstens die Hälfte der berufsschulpflichtigen Jugendlichen anderer nationaler Herkunft geht zur Berufsschule. Einen Ausbildungsplatz besitzt nur eine verschwindende Minderheit.

Wir haben es mit einer verlorenen Generation zu tun, die sich von unserer Gesellschaft nicht akzeptiert und gefördert fühlt. Sie droht ins gesellschaftliche Abseits zu geraten. In Frankfurt sind 36% der unter 18jährigen Ausländer arbeitslos. Dies entspricht exakt der Quote der Arbeitslosigkeit schwarzer Jugendlicher in den USA, die dort als schwer diskriminierte Gruppe erkannt sind. Der Polizeipräsident von Frankfurt empfindet den Anteil der ausländischen Straftäter unter 21 Jahren als besorgniserregend. Immer häufiger tauchen in den Zeitungen Berichte von Diebesbanden ausländischer Kinder und Jugendlicher in den Großstädten auf. Das sind die durchaus voraussehbaren Folgen einer unzulänglichen Eingliederung.

Was ist zu tun?

Man kann davon ausgehen, daß die schulische und berufliche Desintegration anderssprachiger Jugendlicher kaum mehr aufgearbeitet werden kann. Vielleicht läßt sich ein kleiner Prozentsatz noch nachträglich qualifizieren. Die nachteiligen Folgen und absehbaren Dauerschäden für die meisten jungen Menschen und für unsere Gesellschaft können mit einem immensen personellen und finanziellen Aufwand im außerschulischen, sozial- und individualtherapeutischen Bereich höchstens noch gemildert werden. Dennoch muß alles versucht werden, um die Eingliederung der nichtdeutschen Wohnbevölkerung zu verbessern. Vorrangig muß auf zwei Aktionsebenen angesetzt werden, und zwar auf der politischen und auf der erziehungspolitischen Ebene. Auf der politischen Ebene geht es um eine andere und bessere Ausländerpolitik, auf der erziehungspolitischen Ebene sollten zunächst die Möglichkeiten der Kindergartenarbeit besser ausgeschöpft werden. Damit ist die Schule nicht ausgeklammert. Sie stellt aber erst die zweite Stufe eines erfolgreichen Integrationsansatzes dar.

An dieser Stelle sind zwei Begriffserläuterungen vorzunehmen. Sie&xnbsp;beziehen sich auf die Worte Integration und Ausländer. Integration ist ein Prozeß, bei dem einer gesellschaftlichen Gruppe die Chancen geboten werden, in effektiver Form und auf allen Sektoren gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Bei dieser Begriffsbestimmung wird die Hauptaufgabe der Integration der Gesellschaft selbst und nicht der benachteiligten Bevölkerungsschicht zugewiesen. Außerdem gilt der Integrationsbegriff nicht nur für Ausländer, sondern auch für andere nicht in die Gesellschaft voll eingegliederte Gruppen. Die Eingliederung der Ausländer ist also nur eine der vielen Integrationsaufgaben, sie ist ein exemplarischer Fall von Integration überhaupt.

Eine zweite Begriffsklärung: Das Wort Ausländer ist mittlerweile für die Bevölkerungsgruppe, die es bezeichnet, weitgehend nicht mehr zutreffend. Mit Ausländer verbindet man die Vorstellung eines Menschen, der aus einem anderen Land kommt, sich nur vorübergehend in meinem Land aufhält, und eigentlich wieder in das andere Land zurückgehen sollte. Diese Vorstellung ist kaum noch anwendbar auf Menschen, die in der Bundesrepublik ansässig geworden sind. Bestimmt trifft er aber nicht mehr auf die zweite und dritte Generation der Einwanderer zu. Daher werden auch in diesem Aufsatz andere Ausdrucke verwendet, wie Nichtdeutsche, Menschen anderer nationaler Herkunft, Kinder anderer Muttersprache u. a.

Eine bessere Ausländerpolitik

Politiker müssen anerkennen, daß die Bundesrepublik faktisch für die aus anderen Ländern angeworbene Arbeiterbevölkerung zum Einwanderungsland geworden ist. Während sich Bund und Länder noch gegen diese Einsicht sträuben, hat sich der Deutsche Städtetag mittlerweile dazu bekannt. Vor allem die Großstädte mit einem hohen Ausländeranteil sind daran interessiert, daß eine konsequente Integrationspolitik betrieben wird. Schließlich leben in den Großstädten mehr als 60% der gesamten nichtdeutschen Wohnbevölkerung. Die Städte sehen, daß bei dem wachsenden Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung im Vorschul-, Schul- und Jugendalter eine unzulängliche gesellschaftliche Eingliederung nicht nur ein Lebensdefizit der betroffenen Menschen, sondern auch eine Belastung der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung, vor allem in den Innenstädten bedeutet.

Die erziehungspolitische Ebene

Der Hessische Ministerpräsident Holger Börner hat vor mehr als einem Jahr den Kindergarten einer katholischen Gemeinde in Frankfurt besucht, der über einen Anteil von 62% nichtdeutscher Kinder verfügt. Dabei hat der Ministerpräsident zum Ausdruck gebracht, daß die Zukunft eines ausländischen Kindes entscheidend davon abhänge, einen guten Kindergarten besuchen zu können. Die Start- und Chancengleichheit aller Kinder sei bereits im Zugang zum Schulwesen zu gewährleisten. Bei den ausländischen Kindern gehe es darum, sie aus ihrer sozialen und sprachlichen Randstellung durch eine gezielte pädagogische Arbeit herauszuholen. In diesem Zusammenhang sprach Borner von einer „sozialpolitischen Aufgabe erster Ordnung, und zwar in quantitativer und qualitativer Hinsicht“.

Viele Politiker sehen die Bedeutung dieses Bereiches immer deutlicher. Im Konzept von Bund und Ländern zur Ausländerbeschäftigungspolitik heißt es: „ Wie für deutsche soll gleichermaßen für ausländische Kinder der sozialpädagogische und familienpädagogische Erziehungs- und Bildungsauftrag des Kindergartens verwirklicht werden“. Das im August 1977 vorgestellte „Konzept der CDU zur Ausländerpolitik“&xnbsp; formuliert das gleiche Ziel, damit „bereits beim Schuleintritt eine soziale Integration angebahnt ist“.

Unter dem Leitthema „Ausländerkinder - ihre Zukunft in unseren Städten“ hat sich der Deutsche Städtetag ebenfalls im vergangenen Jahr u. a. mit dem Kindergartenbereich befaßt und auf die besondere Bedeutung des Kindergartens für die ausländischen Kinder hingewiesen. Der Städtetag sieht sogar die Chance, den meisten ausländischen Kindern in absehbarer Zeit einen Kindergartenplatz zur Verfügung zu stellen. Er begründet dies mit dem sehr starken Ausbau der Kindergärten in allen Bundesländern und den sinkenden Geburtenzahlen bei der deutschen Bevölkerung.

Im Oktober des vergangenen Jahres hat der Zentralrat des Deutschen Caritasverbandes den katholischen Kindergärten empfohlen, sich in zunehmendem Maße für Ausländerkinder zu öffnen. Er wies darauf hin, daß in Ballungsgebieten heute bereits 30 bis 50% der neugeborenen Kinder aus Ausländerehen stammten.

Den Versorgungsgrad verbessern

Nach stichprobenartigen Erhebungen des Deutschen Caritasverbandes liegt der Versorgungsgrad deutscher Kinder mit Kindergartenplätzen bei 65%, der der nichtdeutschen Kinder aber nur bei 30%. Das bedeutet eine erhebliche Unterversorgung letzterer. Diese Zahlen werden für Bayern vom Statistischen Landesamt bestätigt. Danach besitzen von hundert 3- bis 5jährigen Deutschen 67 einen Kindergartenplatz, von hundert gleichaltrigen Ausländern dagegen nur 29. Das Platzangebot für nichtdeutsche Kinder müßte also doppelt so hoch sein wie bisher, um den gleichen Versorgungsgrad wie bei den Deutschen zu erreichen.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden ist das Angebot an Kindergartenplatzen zwischen den Jahren 1963 und 1975 von 890.000 auf fast 1,5 Millionen angestiegen, wahrend im gleichen Zeitraum die Anzahl der drei- bis fünfjährigen Kinder um 17% abgenommen hat. Derzeit stehen für je 1.000 Kinder dieses Alters 655 Kindergartenplätze zur Verfügung. Die Sorgen vieler Träger von Kindergarten wegen des Geburtenrückgangs bei der deutschen Bevölkerung, ganze Kindergarten oder doch wenigstens Gruppen schließen zu müssen, könnten erheblich gemildert werden, wenn es gelänge, mehr Kinder nichtdeutscher Eltern mit Kindergartenplätzen zu versorgen. Es gibt bereits glänzende Beispiele dafür, daß dies bei einer gezielten Arbeit mit den Eltern der verschiedenen Nationalitäten durchaus gelingt.

Kein Ghetto

Entscheidend bei den Integrationsbemühungen ist es, daß die nichtdeutschen Kinder mit den deutschen zusammen aufwachsen und kein pädagogisches Ghetto gefördert wird. Es geht um eine gemeinsame Zukunft der nachwachsenden Generation, die ethnisch plural, sprachlich aber deutsch sein wird. Wer diese deutsche Sprache nicht oder nur unzulänglich beherrscht, bleibt von der vollen Partizipation an dieser Gesellschaft in der Bundesrepublik zwangsläufig ausgeschlossen. Dennoch ist es gut zu überlegen, wie die Zweisprachigkeit der nichtdeutschen Kinder gefördert werden kann, weil dies für die Identität der Kinder unerläßlich ist. Vor allem wird dadurch den Eltern die Angst vor der totalen Germanisierung ihrer Kinder genommen. Im Vorschulalter besteht nicht die geringste Schwierigkeit für Kinder, auf natürliche Weise mehrere Sprachen zu erlernen. Dies unterstrich kürzlich auf einer europäischen Konferenz einer der für die Erziehungspolitik zuständigen Beamten der Europäischen Kommission, L. Jacoby. Er verwies auf Erfahrungen aus der Dritten Welt, nach denen Kinder ohne weiteres multisprachlich aufwachsen. Er betonte allerdings auch, daß sich, wenn ausländische Kinder zusammen mit den einheimischen im Vorschulalter gefördert werden, die Integrationsprobleme zu 80% lösen. Der Übergang zur Schule bereite kaum Schwierigkeiten.

Auf diesem Hintergrund muß deutlich gesagt werden, daß angesichts der Bedeutung, die die katholischen Kindergarten in der Bundesrepublik haben, diesen eine entscheidende Verantwortung für die Integration und Identität der Kinder nichtdeutscher Herkunft zufällt.

veröffentlicht in: Welt des Kindes, Zeitschrift für Kleinkindpädagogik und außerschulische Bildung, 4/78, S. 258