Herbert Leuninger

ARCHIV MIGRATION
1979


Überreichung des Bundesverdienstkreuzes am Band an den italienischen Staatsangehörigen Benito Vastante im Rathaus Hofheim durch Bürgermeister Friedrich Flaccus

6. September 1979, 18.30 Uhr

INHALT
Würdigung der besonderen Integrationsleistung des Maurers Vastante, vor allem über eine italienische Folklore-Gruppe

Präsentation

Sehr geehrte Frau Vastante,
lieber Herr Vastante,
Herr Stadtverordnetenvorsteher,
Herr Cortenillini,
Herr Pfarrer Leuninger,
meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich habe heute die große Freude, Ihnen, Herr Vastante, das vom Bundespräsidenten verliehene Bundesverdienstkreuz am Bande zu überreichen. Hierdurch soll Ihr persönlicher Einsatz bei der Integration der italienischen Arbeitnehmer und ihrer Angehörigen in die hiesige Gesellschaft anerkannt werden, ein Einsatz, der beispielhaften Charakter trägt.

Alle, die die Integration der nichtdeutschen Mitbürger zu fördern versuchen, wissen, dass eine Eingliederung nur dann gelingt, wenn auch die Betroffenen aktiv mitarbeiten. Dass dies nicht nur einzelne für sich leisten, sondern auch in einem ungewöhnlichen Umfang für Ihre Landsleute und mit ihnen zusammen tun, haben Sie, Herr Vastante, unter Beweis gestellt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen , dass Sie den schweren und körperlich sicher sehr ermüdenden Beruf eines Maurers ausüben und dennoch Ihre Freizeit, Ihre Abende, Ihre Wochenenden häufig geopfert haben.

Wenn Sie, Herr Vastante, heute mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet werden, denkt sicher jeder, der Sie kennt, an die Gruppo Folkloristico Italiano von Hofheim, die heute Abend fast vollständig vertreten ist und dankenswerterweise die Feier mitgestaltet.

Hinter der Existenz einer solchen Gruppe steht sicher der unbeugsame Wille, sie zum Erfolg zu führen. Dies ist Ihnen auch in einem erstaunlichen Maße gelungen. Wer hätte 1974, als die Gruppe anlässlich der 1. Hofheimer Kulturwoche gegründet wurde, daran gedacht, dass Sie einmal einen im Gemeinschaftsleben unserer Stadt nicht mehr wegzudenkenden Platz einnehmen würden. Die einzige Konsequenz der ersten Vorstellung dieser Gruppe war seinerzeit: Das ist einmalig - weitermachen! Vor den großen Erfolgen, die die Folkloregruppe über den Raum des Rhein-Main-Gebietes inzwischen zu verzeichnen hat, steht aber ein mittlerweile fünfjähriger außergewöhnlicher Einsatz, der von der Beschaffenheit der Kostüme, Noten und Musikinstrumente aus dem Nichts heraus, über die Verhandlung um finanzielle Unterstützung bei kirchlichen, städtischen und italienischen Stellen, bis zur eigentlichen Werbung der Mitglieder der Gruppe reicht.

Und hier, so glaube ich, setzt die eigentliche Integrationsleistung ein, wenn es nämlich gelingt, junge Menschen in der zweiten Einwanderergeneration, die es nicht leicht haben, sich in ihrer neuen Umgebung zurechtzufinden und akzeptiert zu werden, für eine solche kulturelle Aufgabe zu gewinnen und über Jahre bei der Sache zu halten.

Jeder Vereinsvorsitzende weiß, was dies heute bei der modernen Jugend bedeutet, kann aber wohl kaum ermessen, unter welchen erschwerten Bedingungen Sie diese selbstgestellte Aufgabe gemeistert haben.

Es ist Ihnen gelungen, und der großartigste Erfolg ist nicht der jeweilige Beifall, ja nicht einmal die Beifallsstürme, die Sie hervorgerufen haben, sondern die Stärkung des Selbstwertgefühls junger Menschen einer anderen ethnischen Minderheit und vielleicht sogar die Stärkung der ganzen italienischen Kolonie unseres Raumes. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für jede Eingliederung einer Minderheit in eine fremde Umwelt. Dabei haben Sie sich nicht in ein kulturelles Ghetto zurückgezogen, sondern fertiggebracht, dass die italienische Folklore-Gruppe von Hofheim auch Deutsche in ihren Reihen zählt.

So kann ich nur noch einmal unterstreichen, was Ministerpräsident Holger Börner beim Festzug des Hessentages 1978 in Hofgeismar gesagt hat, als er das Auftreten der Italienischen Folklore-Gruppe von Hofheim als ein Zeichen dafür gewertet hat, dass die Integration voranschreitet.

Ich darf an dieser Stelle erwähnen, dass Herr Vastante bereits am 11. Dezember 1977 durch Herrn Staatssekretär Fontana mit der XIII. Jahresmedaille von Rom vom 21.4.1976 ausgezeichnet wurde. Diese Medaille wird verliehen für Verdienste um römisch-deutsche oder deutsch-römische Beziehungen.

Die Integrationsleistung, die Sie, sehr geehrter Herr Vastante, mit der Gründung und Festigung der Folklore-Gruppe vollbracht haben, beschränkt sich aber nicht nur auf diese Arbeit. Sie haben auch auf vielen anderen Gebieten gewirkt. So veranstalten Sie seit Jahren für sie italienische Kolonie von Hofheim, die mittlerweile 500 Mitglieder hat, ein großes Weihnachtsfest, bei dem jedes Mal mehr als 100 Kinder beschenkt werden. Sie haben den italienischen Fußballclub Primavera, der vor einigen Jahren gegründet wurde und sich bisher recht tapfer geschlagen hat, maßgeblich unterstützt, einen Sprachkurs Ihrer Landsleute organisiert, sich für die Hausaufgabenhilfe der italienischen Schulkinder eingesetzt und mit den Schulleitern über eine bessere schulische Versorgung der italienischen Schüler verhandelt.

Ungezählt sind die zahlreichen Einzelfallhilfen, die - lassen Sie mich als Leiter der städtischen Behörde vergleichend sagen - fast einen Sozialarbeiter ersetzt haben.

Ich freue mich daher ganz besonders, dass der Herr Bundespräsident Ihre beispielhafte Leistung anerkannt hat und überreiche jetzt Ihnen, Herr Vastante, das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Hierzu meinen herzlichen Glückwunsch und den Glückwunsch des Magistrats der Stadt Hofheim am Taunus!

(Die Initiative zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes hatte der DGB-Hessen ergriffen. Inhaltliche Vorgaben sind von H. Leuninger)