Landshuter Zeitung vom 16.10.1999
Leserbrief von Max Schierer, Haus international
Lage, keinesfalls entschärft
In dem Bericht Ihrer Zeitung am Samstag, 9. Oktober, über das Pressegespräch mit Herrn Herbert Leuninger (Pro Asyl) über die Asylpolitik der Europäischen Union war zu lesen, dass ich von einer entschärften Situation für AsylbewerberInnen und Flüchtlinge in Landshut gesprochen hätte. Das habe ich in dieser Form so nicht gesagt, denn das Leben dieser Menschen ist auch in Landshut durch eine Reihe von extrem lebenseinschränkenden Gesetzen geprägt.
Jeder Asylbewerber, der nach Mai 1997 eingereist ist, unterliegt einem generellen Arbeitsverbot. Als Unterstützung erhält er lediglich 80 Mark als monatliches Taschengeld und für Kinder stehen 40 Mark für den gleichen Zeitraum zur Verfügung. Damit ist ein Leben unterhalb des Sozialhilfeniveaus vorgezeichnet und ein Ausweg aus der Armut nicht zu schaffen.
Als Verpflegung dienen Lebensmittelpakete, die den Menschen nicht ermöglichen, sich ihre Nahrung selbst zusammenzustellen. Obwohl durchaus mehrere Sorten von Essenspaketen zur Verfügung gestellt 'werden, wird jedoch auf die Ernährungsgewohnheiten der Herkunftsländer nicht ausreichend Rücksicht genommen.
Das Leben der AsylbewerberInnen und Flüchtlinge ist durch sehr enge räumliche Gegebenheiten in den Unterkünften gekennzeichnet. Dazu tritt eine äußerst unsichere Lebensperspektive, die durch die mögliche Verleihung eines Aufenthaltsrechts oder durch eine eventuelle Abschiebung Beeinträchtigungen der körperlichen und seelischen Gesundheit verursacht. Zumeist sind diese Menschen bereits durch ihre Erlebnisse auf ihrer Flucht in ihrem psychischen Befinden sehr beeinträchtigt. Eine medizinische Versorgung ist jedoch nur in akuten Notfällen vorgesehen.
Besonders stehen momentan die Menschen aus dem Kosovo unter großer Anspannung, da von der Politik Signale einer baldigen Rückkehr in ihr Heimatland ausgesandt werden, obwohl dort die politische und gesellschaftliche Lage noch als sehr problematisch anzusehen ist. Ungeachtet der Tatsache, dass der Winter demnächst dort einziehen wird und die Häuser keineswegs alle schön wieder bewohnbar sind oder zum Beispiel noch nicht einmal fünf Prozent aller Minen entschärft sind, werden diese Menschen mit der Möglichkeit einer zwangsweisen Rückführung noch vor dem Winter konfrontiert und damit in Angst versetzt. Deshalb kann von einer entschärften Lage in Landshut nicht gesprochen werden. Die Situation in den Sammelunterkünften für AsylbewerberInnen wird insoweit entschärft, dass durch die Beratung und die Anlaufstelle für Asylberatung des Hauses international ein gewisser Druck abgemildert wird und den Menschen, die dort Hilfe und Beistand suchen, im Rahmen der eng begrenzten gesetzlichen Möglichkeiten Unterstützung. zugute kommt.
Haus international e.V.
Das Haus international - Verband für interkulturelle Begegnung, Bildung und Beratung e.V. ist ein gemeinnütziger Verein mit Mitgliedern verschiedener Nationalitäten. Das Haus international begreift sich dabei weder als deutsche sozialpädagogische Einrichtung noch als Selbstorganisation der MigrantInnen, sondern als interkulturelle Institution mit Initiativgruppencharakter. Die sozi4pädagogische Arbeit will Benachteiligungen von Mi.grantInnen und Flüchtlingen durch Fördermaßnahmen und Sozialberatung abbauen, die kulturelle Arbeit will Begegnung und Kommunikation ermöglichen und initiieren, die politische Arbeit will informieren, die gesellschaftliche Partizipation stärken und eine Gleichstellung von MigrantInnen erreichen. Zielgruppen sind Kinder, Jugendliche und Erwachsene, besonders auch Mädchen und Frauen, unabhängig von der Herkunft, Kultur und Religion.
Am 31.12.1998 zählte der Verein genau 108 Mitglieder bzw. Fördermitglieder bei steigender Tendenz. Zweimal fanden 1998 Vollversammlungen statt, die die Mitglieder über die Aktivitäten und die geschäftliche Situation informierten.
Vereinsbüro:
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Tel. 0871-22439
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