Frankfurter Rundschau
17.9.1986

Abbau der Zelte begann

Schwalbacher Asylanten konnten In feste Unterkünfte umziehen :

SCHWALBACH. Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks haben gestern damit begonnen, die "Zeltstadt" auf dein Gelände der Hessischen Gemeinschaftsunterkunft für ausländische Flüchtlinge (HGU) wieder abzubauen. Damit wurde auch optisch ein bereits seit Montag abgeschlossenes Kapitel der Asylbewerber-Unterbringung beendet, das wochenlang für politischen Wirbel und Aufregung bei vielen kirchlichen und sozial engagierten Institutionen gesorgt hatte.

Mit einer spektakulären Fastenaktion hatte der Ausländerpfarrer des Bistums Limburg, Herbert Leuninger (Hofheim), gegen die nach seiner Überzeugung unmenschliche Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten protestiert. Entgegen der ursprünglichen Einschätzung, erst Ende September die als "Notmaßnahme" bezeichnete Zelt-Aktion zu beenden, hatte die Landesregierung schon wenige Tage nach Beginn des Fasten-Protestes signalisiert, daß die Zelte früher als erwartet verschwinden sollten. Pfarrer Leuninger stellte seine Protestaktion daraufhin ein.

Inzwischen sind die Flüchtlinge, die in Zelten untergebracht worden waren, in feste Unterkünfte verlegt worden - unter anderem auch mit Hilfe anderer Bundesländer, die die Asylbewerber aufnahmen. In Schwalbach soll vorläufig nur ein Zelt stehen bleiben: das bisher für Zusammenkünfte und Gottesdienste genutzte Gemeinschaftszelt.

In einer Flut von Stellungnahmen, die zum Teil auch der FR-Redaktion Hofheim zugingen, wurde die Zelt-Aktion des verantwortlichen Sozialministeriums in den vergangenen Tagen und Wochen verurteilt. Einer der jüngsten Briefe, die auf dem Schreibtisch von Sozialminister Armin Clauss landeten, kam aus der Landeshauptstadt selbst - von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der katholischen Kirche. Ihr Sprecher, Pfarrer Winfried Welzel, äußerte sich "dankbar für das deutliche und mutige Zeichen, das Pfarrer Herbert Leuninger gesetzt hat", und man freue sich, daß seine Initiative die Zelte schnell überflüssig gemacht habe.

In einer weiteren Stellungnahme äußerten sich auch die "Interessengemeinschaft der mit Ausländern verheirateten Frauen e.V." (Verband bi-nationaler Familien und Partnerschaften), Landesvorstand Hessen: "Es darf in Hessen keine Lager geben, wie sie derzeit bestehen, und es darf erst recht keine Zeltlager gebe", heißt es unter anderem. Der Verband ist überzeugt, daß nicht diejenigen den richtigen Weg gehen, die eine überhaupt nicht vorhandene Krise auf dem Rücken von wehrlosen Menschen herbeireden, sondern die, die sich auf die Seite
der Schwachen stellen". pebi

Aktion gegen Zelte