KNA
Katholische Nachrichten Agentur
Rhein-Main-Dienst Nr. 1418 / 26. August 1986

Arbeitskreis Asyl spricht von Skandal

Pfarrer Leuninger: Zelte im Flüchtlingslager müssen sofort weg

Schwalbach, 25. August (KNA) Mit dem dringenden Appell an Hessens Sozialminister Armin Clauss, umgehend die Zelte in der hessischen Gemeinschaftsunterkunft Schwalbach abzubauen und alle Flüchtlinge in feste Unterkünfte einzuweisen, ist am Sonntag, 24. August ein ökumenischer Gottesdienst im Flüchtlingslager beendet worden. In einer vom Arbeitskreis "Hilfe und Beratung für Asylbewerber" verfaßten Resolution, die von den Teilnehmern des Gottesdienstes unterschrieben wurde, werden Zelte für Flüchtlinge als Skandal bezeichnet.

Seit zehn Tagen sind in dem Lager in Schwalbach/Taunus zusätzlich 180 Flüchtlinge in 18 Zelten untergebracht. Zu dem ökumenischen Gottesdienst, der seit Weihnachten von der Initiative "Gottesdienst mit Flüchtlingen", einer Gruppe katholischer und evangelischer Pfarrer und Christen aus den umliegenden Gemeinden, regelmäßig im Lager veranstaltet wird, war auch der Sozialminister eingeladen worden. In ihrem Brief an ihn betonten die Mitglieder der Initiative, daß nach ihrer Auffassung die aufgestellten Zelte unter dem Standard seien, der Flüchtlingen gegenüber eingehalten werden müßte. Die Auffassung von der Menschenwürde lasse nur den sofortigen Abbau zu. Wie der im Sozialministerium zuständige Referent für ausländische Flüchtlinge, Regierungsdirektor Dirk Hummel, der in Vertretung des Ministers an dem Gottesdienst teilnahm, gegenüber KNA sagte, sind die Zelte nur als "vorübergehende Maßnahme" gedacht. "Sie werden so schnell als möglich abgebaut", versicherte er. Der Aufbau der Zelte sei wegen des nicht vorhersehbaren Flüchtlingsstromes im Juli unumgänglich gewesen. Dem widersprach der Sprecher des Arbeitskreises "Asyl", Pfarrer Herbert Leuninger, Hofheim. Seiner Ansicht nach hätte rechtzeitig Vorsorge getroffen werden können, da der Flüchtlingsstrom in den Sommermonaten erfahrungsgemäß ansteige. Die Politiker schreckten allerdings vor solchen Vorsorgemaßnahmen zurück, "weil der Druck in der Öffentlichkeit gegen die Asylbewerber zu stark ist". Der zugesicherte Abbau der Zelte "so schnell als möglich", das bedeute in einigen Wochen, sei nicht akzeptabel. Die Zelte müßten "sofort weg".

Um möglichst schnell Hilfe-für die betroffenen Flüchtlinge, insbesondere die Mütter mit Kinder, zu erreichen, bittet der Arbeitskreis "Asyl" auch weiterhin Bürger und Kirchengemeinden, vorübergehende Unterkünfte anzubieten. Nach Auskunft von Pfarrer Leuninger haben sich bereits Privatleute aber auch Pfarrgemeinden zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit erklärt. (FS voraus, RMD 1418/152)

Aktion gegen Zelte