Kuhgespann
Mühsam und langwierig, das Ackern mit einem Kuhgespann. Auf dem Foto versucht Herbert Leuninger (Neffe von Franz L.) als Junge den kaum sichtbaren Felsklippen auszuweichen.











Das Getreide wird nach dem 2. Weltkrieg zumeist noch mit der Sense gemäht. Alois Leuninger (Bruder von Franz L.) mit seinem Sohn Ernst bei der Getreideernte. Die Sensen sind mit einem Gestell versehen, um die geschnittenen Halme aufzufangen.

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as Bild der Landschaft wurde durch den bäuerlichen Kleinbetrieb geprägt. Mehr als 150 Kleinbauern mühten sich auf der Scholle um Nahrung für ihre meist großen Familien. Von einigen Ausnahmen abgesehen, erfolgten Bestellung und Ernte mit einem Gespann von 2 Kühen. Bauernwagen, Ackerpflug und Nebengeräte wurden von den ortsansässigen Handwerkern hergestellt. Als Nahrungsmittel spielte die Kartoffel eine große Rolle. Ihr Anbau war weniger risikoreich als der anderer Erzeugnisse, und der Ertrag sicherte weitgehend die Ernährung der Familie. Anbau, Bearbeitung und Ernte der Kartoffel waren mühsam und erforderten viel menschliche Arbeitskraft. So erfolgten Jäten, Ausgraben, Auflesen und Versacken von Hand.

Wesentlich war dabei die Möglichkeit des Einsatzes von Frauen und Kindern. Größere Familien mit eigener Landwirtschaft kellerten - je nach Ernteertrag - 50 bis 100 Sack Kartoffeln ein, wovon ein geringer Teil als Viehfutter verwertet wurde. Die Kartoffel hatte gegenüber anderen Produkten den Vorteil, daß sie im Haushalt auf vielseitige Weise verwendbar war. Nicht unerheblich war auch der Getreideanbau. Roggen und Gerste dienten als Brotgetreide und Hafer als Viehfutter. Das Abernten erfolgte von Hand mit einfachen Geräten. Vereinzelt gab es noch die ,,Schnitterin" im wörtlichen Sinne, welche mit der Sichel das Getreide schnitt. Dies ist wohl die älteste Art des Erntens mit einem Gerät und war sehr mühsam, schützte aber vor Verlusten an Körnern. In selteneren Fällen wurde die Gerste gerupft, wenn wegen des niedrigen Wuchses die Wurzel am Halm bleiben mußte. Der Getreideausdrusch erfolgte meistens mit dem Dreschflegel. Die oft geringen Ernteerträge beruhten nicht nur auf der Bodenbeschaffenheit, sondern auch auf ungenügender Düngung und unzureichender Bearbeitung. Der letztere Umstand war nicht selten auf das schwache Kuhgespann zurückzuführen, das in seiner Leistung beschränkt war. Vielfach ließ aber auch die geringe Höhe der Ackerkrume eine ausreichende Bearbeitung nicht zu.

Die vielen Wiesen in der Gemarkung mit unterschiedlichen Erträgen lieferten Heu und Grünfutter. Das Gras wurde mit der Sense und später vereinzelt mit der Mähmaschine gemäht, während die Bearbeitung des Heues und das Einbringen mit den althergebrachten Geräten wie seit unvordenklichen Zeiten erfolgte. Hierbei spielte die Frauen- und Kinderarbeit wiederum eine große Rolle. Die Schulferien fielen in die Heuernte. Während der heißen Sommertage mußten alle viel Arbeit leisten. Die Mäher und Mäherinnen begannen ihr Tagewerk vielfach schon vor Sonnenaufgang. Mit dem Vormarsch der Technik - auch in der Landwirtschaft - nach dem ersten Weltkrieg, fanden -wenn auch wegen der vielen Kleinbetriebe zunächst nur vereinzelt - Maschinen Verwendung.

Für die Viehhaltung war die Viehweide auf dem Knotengelände entscheidend. Die zwar nicht sehr ergiebige Grasnarbe gab in den Sommermonaten doch mehr als 300 Kühen, Rindern und Ziegen Nahrung. Der geringe Hütelohn für den Kuhhirten mit einem Hütejungen und zwei Hunden, der teilweise in Naturalien bestand, wurde von den Viehbesitzern aufgebracht.

Bis über das Jahr 1920 hinaus waren die Haushaltungen in Mengerskirchen - soweit man eine Landwirtschaft betrieb - in größtem Maße Selbstversorger. Das Brot kam nicht vom Bäcker, sondern man stellte es selbst her von dem Mehl des eigenen Getreides, das von einer der Mühlen unterhalb des Seeweihers gemahlen worden war. Der Fettversorgung diente die Hausschlachtung. Hierfür standen der Familie ein oder auch zwei Schweine zur Verfügung. Frischfleisch und Wurst aus der Metzgerei gab es in vielen Familien nur, wenn die Hausschlachtung aufgebraucht war, und dann auch nur an Sonn- oder Feiertagen. Milch, Butter und Eier entstammten ebenfalls der Eigenerzeugung. Doch gestatteten die Verhältnisse in der Regel nicht einen Verbrauch, der dem echten Bedarf der Familie entsprochen hätte. Vielmehr mußte von den vorgenannten Erzeugnissen für den Verkauf manches abgespart werden. Zwar brachte ein halbes Dutzend Eier vielleicht nur einen Erlös von 30 Pfennigen, und die Butterfrau, welche die Butter in einem Korb zu ihren Kunden nach dem 16 km entfernten Weilburg trug, zahlte der Bäuerin nur 80 bis 90 Pfennig für das Pfund, aber es war Bargeld, das die Hausfrau in die Hand bekam und wenn es auch nur nach Pfennigen zählte.

Aber auch in anderen Bereichen warfen die kleinbäuerlichen Betriebe kaum Bargeld ab. Was waren schon die 20 Mark, die der Verkauf eines Kalbes brachte, oder die hundert Mark für ein fettes Schwein? Dabei handelte es sich ohnedies um seltene Vorgänge im Laufe eines Jahres, ganz zu schweigen von dem noch selteneren Absatz eines Stück Großviehes. Mit solchen Bareinkünften waren die Ausgaben für Kleidung und Schuhwerk nur ungenügend zu decken. Für anderes blieb kaum etwas übrig. Zucker kaufte man in Mengen von einem halben Pfund und das Leuchtpetroleum halbliterweise. Nicht selten waren kinderreiche Kleinbauern verschuldet und ihre Anwesen mit Hypotheken belastet. Solche Verschuldungen entstanden meist durch Krankheit in der Familie oder ein Unglück im Viehstall. Durch derartige Umstände gerieten sie mitunter in die völlige Abhängigkeit von Viehhändlern und Kreditgebern. Dieser Zustand änderte sich erst mit der Verbreitung öffentlicher Spar- und Kreditkassen.