ARCHIV - Herbert Leuninger - ASYL


Aachener Zeitung vom 25. Mai 2001

Deutschland weit hinter Europarecht zurück


Einladungsplakat
Podium
Asyl als Menschenrecht (Flash)
Asyl als Menschenrecht (Artikel)
Drittstaatenregelung (Flash)

Diskussion zur Asylpolitik - Europaparlamentarier von CDU und SPD sagen kurzfristig ab

Von Alexander Stärk

Aachen. "Die deutsche Asylpolitik bietet mehr Schutz vor Menschen als von Menschen", ist die Auffassung von MdB Ulla Lötzer (PDS). Die Parlamentarierin und weitere mit der Asylthematik beschäftigte Politiker wie Kirchenvertreter nahmen an einer Podiumsdiskussion im Dietrich-Bonhoeffer-Haus am Kronenberg teil: "Unmenschliches Recht? Asylrecht im Spannungsfeld zwischen Flüchtlingsschutz und. Flüchtlingsabwehr" hieß die Veranstaltung zu der das Aachener Netzwerk Wanderkirchenasyl in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingsrat NRW eingeladen hatte. AZ-Redakteur Peter Sellung moderierte die Podiumsdiskussion, zu der die Europaparlamentarier Martin Schulz (SPD) aus Würselen und Armin Laschet (CDU) ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt hatten.

Unabhängig vom Status des Asylbewerbers verstoße die Bundesrepublik Deutschland gegen geltendes Recht der Vereinten Nationen: "Das Recht auf Ernährung oder auf eine Wohnung wird mit Füßen getreten, wenn Asylanten Sachleistungen statt Geld bekommen oder in Abschiebehaft gesteckt werden", erklärt Lötzer. Asylbewerber aus bestimmten Regionen der Welt vertrügen deutsche Lebensmittel wie Brot oder Margarine nicht und würden somit krank.

Pfarrer Herbert Leuninger, einer der Gründungsväter von Pro Asyl, vertritt die Auffassung, dass das Asylrecht zu einem Recht werden müsse, das "über die Gerichte eingeklagt werden könnte." Mit der .Änderung von Artikel 16a des deutschen Grundrechts auf Asyl im Jahre 1993 habe Leuninger "innerlich von diesem Staat Abschied genommen." Die Gesetzesänderung sei ein Rückschritt für Deutschland, Europa und die ganze Welt: "Die Bundesrepublik ist nicht auf der Höhe der Genfer Flüchtlingskonvention. Der internationale Schutz für religiös oder politisch Verfolgte ist nicht mehr gegeben, wenn sie über Nachbarstaaten wie Polen oder Tschechin zu uns einreisen wollen." Wirtschaftliche Interessen zöge Deutschland in jeglicher Hinsicht vor: "Wir liegen auf dem elften Platz was die Asylanträge in Europa angeht." Selbst die mehr als 10.000 Flüchtlingskinder würden in Deutschland nach dem Asylrecht und nicht nach der internationalen Kinderrechtskonvention behandelt.

Gudrun. Duda-Heinzke, Mitglied des Flüchtlingsrates NRW wie der Härtefallkommissionen Dürens und des Landes, sind regelrecht die Hände gebunden hinsichtlich Abschiebungsverfahren - wie im bekannten Fall, des in die Türkei abgeschobenen Kurden Hüseyin Calhan: "Wir können denn Innenministerium nur Vorschläge zur Änderung der Gesetzeslage machen: Gegen geltendes Recht dürfen wir nicht verstoßen." Hilde Scheidt, Fraktionssprecherin der Grünen im Stadtrat, sieht die Bemühungen der Aachener Härtefallkommission bestätigt: "Im Fall Calhan standen alle Ratsleute jeglicher politischer Couleur hinter uns. Auch die Verwaltung konnten wir in stundenlangen Gesprächen bearbeiten." Seit Calhan habe die Kommission nicht mehr tagen müssen - "Ein Zeichen dafür, dass sich was tut in der Asylthematik." Wilhelm Helg (FDP), Mitglied der Aachener Härtefallkommission, sieht die beratende Funktion auf kommunaler Ebene ebenso bestätigt. Doch waren sich alle einig, dass es mühsam ist, in kleinen Schritten von unten etwas an der Asylpolitik zu verändern, denn eine große Welle habe den gesetzgebenden Bundestag noch nicht erreicht.


Peter Selling (AZ) und Hilde Scheidt (Die Grünen)


MdB Ulla Lötzer (PDS)


Herbert Leuninger
(PRO ASYL)


Gudrun Duda-Heinzke, Düren


Wilhelm Helg (FDP