Gespräch des Bischofs mit der Jugend:

Im Glauben sind wir noch nicht sicher

Mädchen des Kelkheimer Jugendchores stützen sich am Altar auf
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(Auszug aus dem verhinderten Buch "Das Hofheimer Mess-Festival")

Im Glauben sind wir noch nicht sicher

Monika H. (19):

Für uns Jugendliche besteht doch das Problem darin, daß wir in unserem Glauben noch recht unsicher sind. Wenn wir jetzt sonntags in die normalen Messen gehen, geben sie uns praktisch. nichts, weil sie ja den Glauben für selbstverständlich halten. Es wäre für uns besser, eine Messe zu haben, wo wir uns über unseren Glauben Gedanken machen können.

Walter Sch. (18):

Meiner Meinung nach vollzieht sich in der Kirche immer dasselbe Schauspiel. Es ist immer der gleiche Text und das gleiche Schema. In dem Gottesdienst, den wir vor zwei Wochen hatten, in unserem Jugendgottesdienst, da war eine andere Form, kein Schema, es war Freiheit genug. In der Kirche sitzt man eingezwängt und muß sich der Form fügen,

Jürgen Sch. (16):

Ich glaube, daß viele Jugendliche einfach unsicher sind, und daß der Glaube nicht einfach vorausgesetzt werden darf. Man müßte versuchen, die Leute wirklich zu, überzeugen und in ihrem Glauben zu festigen. Es besteht die Gefahr, daß die Jugendlichen vom Glauben abfallen ' weil sie gar keine Unterstützung haben. Die Festigung zum Glauben hin wird einfach unterbunden. Es ist kein Weg da, um sich irgendwie weiterzuhelfen. Das ist nur durch ein Gespräch in der Gemeinschaft möglich.

Gerda K. (15):

Ich glaube nicht, daß die Kirche den Glauben direkt voraussetzt. Dann brauchten wir die Messe nicht als Glaubensbekräftigung, aber die Jugendlichen haben deshalb trotzdem keine Möglichkeit, mit dem, was sie gehört haben, sich auseinanderzusetzen, sich zu unterhalten und Fragen zu stellen. Denn es nutzt mir ja nichts, wenn der Pfarrer da vorne steht und mir den Glauben näher bringen will, und ich nicht im selben Moment Fragen stellen kann, falls ich. irgendeinen Begriff falsch verstanden habe.

Armin K. (22), Vorbereitungsteam:

Zu der Frage, ob Glaube im Gottesdienst vorausgesetzt wird: Ich bin tatsächlich, der Meinung, daß er vorausgesetzt wird. Natürlich wird er im Gottesdienst durch bestimmte Äußerungen und Forderungen fester ins Bewußtsein gerückt, gelegentlich auch angereichert; es wird sogar zu Aktivität aufgerufen. In Wirklichkeit kommt es aber nicht zu dieser Aktivität. Das ist es, woran sich die Jugendlichen stoßen und weswegen sie für sich selbst die Forderung aufstellen: Eine Stunde Gottesdienst in der Woche ist viel zu wenig. Wenn wir etwas machen, dann machen wir gleich vier Stunden mit, Bewußtseinsbildung, mit Film, mit allen anderen Elementen, die wir sonst im Alltag auch zur Verfügung haben. Dabei bilden wir uns entsprechend weiter, damit wir den Glauben in Aktivität umsetzen können.

Reinhold F. (24):

Ich finde es müßig, sich zu fragen, ob der Gottesdienst Glauben voraussetzt oder nicht. Man muß sich Überlegen, wie die Situation der Leute ist, die dorthin kommen. Der Religionsunterricht, in dem die eigentliche Information über den Glauben geschieht, führt nicht dazu, eine Glaubensentscheidung zu treffen, mit der einer im Gottesdienst erscheinen kann, um zu sagen: Ich bin ein Glaubender und nehme jetzt am Gottesdienst teil. Der Religionsunterricht ist. praktisch das einzige Mittel, den Leuten etwas über den Glauben mitzuteilen; denn die meisten werden wohl kaum irgendwelche Bücher lesen. Sie werden selbst erst dann lesen, wenn sie ein bestimmtes Verständnis vom Glauben haben, wenn sie Interesse haben und dann etwas weiterverfolgen möchten. Deshalb bin ich der Ansicht, daß man bei den meisten den Glauben nicht voraussetzen kann, vor allem nicht in dem Sinn, daß verstandesmäßig eine Glaubensentscheidung gefallen ist, vielleicht irgendwie gefühlsmäßig.

Von daher möchte ich die Predigt betrachten, die gehalten wird: die Predigt muß automatisch an den Leuten vorbeigehen, und zwar von ihrem Charakter her, da sie keine Art von Diskussion darstellt. Sie wird nach Art eines Vortrags mit einem bestimmten Thema gehalten. Dieses wird dargestellt und das ist eindeutig. Ich habe kaum eine Predigt erlebt, in der mehrere Aspekte angesprochen wurden, in der etwa gesagt wurde, man kann die oder jene Meinung haben; es wird vielmehr etwas dargestellt, und man muß es automatisch akzeptieren. Deshalb halte ich die Leute automatisch für überfordert.

Dann möchte ich noch etwas zu dem Charakter der Leute sagen, die kommen. Ich halte es für unmöglich, den herkömmlichen Gottesdienst der Zahl nach aufrecht zu erhalten. Die Schwierigkeit mit der Diskussion kommt doch daher, daß die Zahl viel zu groß ist. Deshalb meine ich, man muß stärker dazu kommen, mit kleineren Gruppen den Gottesdienst zu feiern. Das müssen nicht nur unbedingt jugendliche sein. Es können Familienkreise oder welche Kreise auch immer sein, jedenfalls müssen es kleinere Gruppen sein. Vielleicht sollte man dazu kommen, daß der Sonntagsgottesdienst eben nicht nur sonntags ist, sondern vielleicht viel selbstverständlicher in der Woche. Dadurch wird es möglich, daß der Pfarrer am Sonntagmorgen nicht mit seinem Frühschoppen überfordert wird, und einem breiteren Publikum eine Diskussion möglich wird.

Thomas U. (21). Vorbereitungsteam:

Wesentlich ist, daß nicht nur die Jugend, sondern auch die ältere Generation etwas ganz anderes vom Gottesdienst erwartet als das, was sie jetzt bekommt. Ich habe z. B. im Verlauf meiner Mitarbeit an einem ökumenischen Gottesdienst erlebt, daß Diskussionen, wenn sie eingeplant sind, viel zu kurz sind und kein richtiges Gespräch ermöglichen. Ich glaube, man könnte wenigstens dazu übergehen, einmal im Monat einen Gottesdienst - wenn man alle anderen Gottesdienste ausfallen ließe von morgens neun Uhr an zu halten.